Schönborn "bestürzt" über Reaktion der Bundesregierung zu Syrien
Kardinal Christoph Schönborn hat kein Verständnis für die jüngsten Ankündigungen der Regierung nach verstärkten Rückführungen und Abschiebeprogrammen für Syrerinnen und Syrer. Auch wenn die Freude über das Ende des Regimes von Diktator Baschar al-Assad, zu Ende ist, bedeute das noch lange nicht, dass Syrien einer guten Zukunft entgegensteuert. "Wie wird es in Syrien weitergehen? Die Islamisten sind die stärkste Gruppe. Sie haben jetzt die Macht übernommen. Werden sie wirklich auf Rache verzichten, Minderheiten und Religionsfreiheit schützen?", so Schönborn in seiner Freitagskolumne in der Tageszeitung "Heute".
Schwer enttäuscht zeigt sich der Wiener Erzbischof von der Reaktion der Bundesregierung im Blick auf die aktuelle Situation. Er sei "bestürzt". Statt Worte der Mitfreude und Hoffnung für die leidgeprüften Menschen habe man sogleich die Botschaft eines "Abschiebungsprogramms" betont, so Schönborn. So sei es kein Wunder, "dass tausende Syrerinnen und Syrer in Österreich verzweifelt sind." Sie würden sich fragen, was aus ihnen wird und ob ihr Asylstatus aufgehoben wird.
Schönborn: "14 Millionen Menschen haben in Syrien ihre Heimat und alles verloren, die Hälfte der Bevölkerung! Keiner hat seine Heimat ohne Not verlassen. Viele wollen zurück. Sie können es nur, wenn daheim wieder Frieden und Gerechtigkeit herrschen. Ja, der Asylstatus muss überprüft werden, aber bitte individuell! Und ohne Panik zu schaffen!"
Schwertner: Agieren der Innenpolitik "wirklich empörend"
In die gleiche Kerbe wie Kardinal Schönborn schlägt auch der Wiener Caritasdirektor Klaus Schwertner. Er halte die Wortwahl von manchem hochrangigen Vertreter der österreichischen Innenpolitik zu Syrien und den Umgang mit schutzsuchenden Menschen aus Syrien - "bei aller Wertschätzung" - für "wirklich empörend", so Schwertner auf X.
Bei vielen Menschen gebe es große Angst, "dass den gemäßigten Worten ähnliches wie in Afghanistan durch die Taliban folgen könnte, dass Minderheiten nicht geschützt, sondern verfolgt werden, uvm."
Zugleich wolle er festhalten: "Aktuell ist die Lage in Syrien völlig unübersichtlich und wer behauptet zu wissen, wie es dort in ein paar Wochen oder Monaten sein wird in puncto Freiheit und Sicherheit, der muss sich für einen Propheten halten und zeigt damit, dass er in einer längst vergangenen Zeit lebt."
Der Caritasdirektor erklärte, er sehe die aktuelle Lage wie EU-Kommissar Magnus Brunner: Die freiwillige Rückkehr von Menschen nach Syrien solle weiter fortgesetzt und unterstützt werden, aber ohne Druck. Schwertner: "In Österreich haben wir einen Rechtsstaat, der Einzelfallprüfungen vorsieht, weil es bei Asyl immer um individuelle Verfolgung geht. Rasche und qualitätsvolle Asylverfahren müssen weiterhin sichergestellt werden." Und: "Ein bisschen mehr Behutsamkeit, Sachlichkeit und weniger Populismus dürfen wir uns von Bundeskanzler und Innenminister eigentlich erwarten. Es geht immer um Menschen."
Quelle: Kathpress