
Krautwaschl für Neustart nach Pandemie ohne Rückfall ins Übliche
Viele Menschen in Österreich, in Europa und weltweit sehnen sich angesichts der Corona-Pandemie nach einem Neustart. Freilich dürfe ein solcher Neustart "nicht einfach ein Zurückfallen ins Übliche sein", betonte der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl am Donnerstag zum Start des diesjährigen "Pfingstdialogs" auf Schloss Seggau. Er verwies auf viele Ökologie-Sorgen, die "seit langem auf uns lasten" und die Papst Franziskus in seiner Enzyklika "Laudato si" als Krankheitssymptome in Boden, Wasser, Luft und in den Lebenswesen eindringlich beschrieben habe. Zurück in die "Krise des Anthropozentrismus" sei keine Option, so Krautwaschl. Das hätten die österreichischen Bischöfe bereits vor einem Jahr in ihrem gemeinsamen Hirtenwort über "eine neue, geistvolle Normalität" dargelegt.
Der Grazer Bischof sprach eröffnende Worte zum bereits neunten, gemeinsam mit dem Land Steiermark veranstalteten Pfingstdialog im südsteirischen kirchlichen Bildungszentrum, der am 20. und 21. Mai unter dem Titel "Reset Europe" Fachleute aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Kirche versammelt. Rund 40 Vortragende werden bei der diesmal hybrid durchgeführten Veranstaltung Impulse geben, darunter Österreichs Langzeit-EU-Kommissar Johannes Hahn, Kommissionsvertreter Martin Selmayr, Europaministerin Karoline Edtstadler, der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, WKO-Präsident Harald Mahrer, die Schweizer Politikphilosophin Katja Gentinetta und der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler. Alle Vorträge und Diskussionen sind gratis online zugänglich.
"Gastgeber" Bischof Krautwaschl sagte zum Tagungsthema, wie wichtig ein "Reset", ein "Neustart" sei, sei an jenen Themen erkennbar, mit denen die Kirche seit Beginn der Pandemie konfrontiert ist: "Da geht es um Einsamkeit, Marginalisierung, Depression, Trauer, Zukunftsangst - ja Hoffnungslosigkeit", schilderte Krautwaschl die Symptome der Krise. "Wir bemühen uns, genau hinzuhören, Menschen Hilfe an Leib und Seele zu geben und trotz allem die Hoffnung hochzuhalten, die unserem katholischen Glauben zugrunde liegt."
Schlüsselbereich Bildung
Die Kirche wolle auch dazu beitragen, aus der Pandemie positive Lehren zu ziehen. In diesem Sinne habe er jüngst als Referatsbischof für Bildung dargelegt, was Bildung nach einem "Reset" ausmachen sollte: "Menschsein und Bildung sind mehr als nur eine Ausbildung. Bildung spiegelt auch eine geistige, moralische und ästhetische Entwicklung wider, die den Menschen befähigt, als Zoon politikon, als soziales Wesen im aristotelischen Sinne, eingebettet in eine Gemeinschaft zu deren Fortschritt beizutragen." Dafür unabdingbar sei das reale Miteinander und ein "Wertekanon, der von Wertschätzung, Vertrauen, Toleranz, ja christlicher Nächstenliebe geprägt ist". Krautwaschl erinnerte an den von Papst Franziskus im Oktober 2020 ausgerufenen, weltweiten "Bildungspakt", dem eine "Erziehung zur Geschwisterlichkeit" zugrunde liege anstatt eines Konkurrenzkampfs von Individuen.
Ein "Reset" sei auch in vielen anderen Bereichen notwendig "und beginnt, wenn wir ehrlich sind, bei uns selbst", wie der Bischof sagte. "Zum Beispiel, indem wir uns bewusst werden, was heißt, menschlich zu sein." Vom diesjährigen Pfingstdialog erhoffe er sich gerade in diesem Jahr viele Impulse für ein Europa und für ein Österreich, "in dem alle Menschen mit ihren Hoffnungen und Sorgen ihren Platz haben". Achtsamkeit, Wertschätzung und Respekt mögen den Diskurs - vor allem den politischen - für einen guten Weg in die Zukunft prägen, "in dem Solidarität und Hilfe für Notleidende selbstverständlich sind", so der abschließende Wunsch des Grazer Bischofs.
Bei der im Zweijahresrhythmus stattfindenden Veranstaltung unter dem Motto "Geist & Gegenwart" geht es heuer darum, auf welchen ethischen, politischen und wirtschaftlichen Grundlagen die Zukunft Europas aufbauen soll. Leitfragen sollen u.a. sein: Welche Rolle wird Europa in der Welt spielen? Welche Zukunftstechnologien und Industriebereiche werden notwendig sein, wie könnten Wirtschaftswachstum und Klimaschutz vereinbar gemacht werden? (Info und Stream: www.pfingstdialog-steiermark.at)
Quelle: kathpress