Neues Forschungsprojekt über "Religionsfreiheit in Zeiten der Pandemie"
Mit den rechtlichen Maßnahmen während der Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Einschränkungen der Grundrechte befasst sich ein neues Forschungsprojekt der Katholisch-Theologischen Fakultäten der Universitäten Wien und Innsbruck. Das vom Österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF) bewilligte und mit rund 430.000 Euro dotierte Projekt soll erforschen, wie Gesundheitsschutz und der Schutz der Freiheitsrechte sichergestellt werden können. Die beabsichtigte Aufarbeitung der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie soll dazu dienen, "für ähnliche Herausforderungen in der Zukunft besser gewappnet zu sein", heißt es in einer Presseaussendung der beteiligten Wissenschaftler, Prof. Andreas Kowatsch (Wien), Johannes Panhofer und Prof. Wilhelm Rees (beide Innsbruck).
"Zur Bekämpfung der Corona-Pandemie griff der Staat in einer Weise in Grundrechte ein, die bislang in den liberalen Demokratien unvorstellbar gewesen war. Betroffen war davon auch das Grundrecht auf freie Religionsausübung und die seelsorgliche Betreuung Alter, Kranker und Sterbender. Die Maßnahmen wirken auch nach dem Ende der Pandemie in vielfältiger Weise fort", so die Forscher. Vor diesem Hintergrund verfolge das Projekt das Ziel, "mittels eines mehrdimensionalen Rechtsvergleichs zu eruieren, innerhalb welcher rechtlicher Rahmenbedingungen das Gleichgewicht zwischen einem effektiven Gesundheitsschutz und der größtmöglichen Bewahrung der eigenverantwortlich gelebten Freiheit der Bürgerinnen und Bürger am besten gewährleistet werden kann."
Als Ausgangspunkt dient den Forschern die Hypothese, "dass der in Österreich beschrittene Weg einer engen Einbindung der Religionsgemeinschaften bei der Beschränkung der Religionsausübung und die Ermöglichung von religionsinternen Normen betreffend die Feier öffentlicher Gottesdienste dazu führte, dass das Ziel der Pandemiebekämpfung auch ohne zwangsbewährte Maßnahmen erreicht werden konnte." Der öffentlich-rechtliche Status anerkannter Religionsgemeinschaften habe in dem Kontext eine bis dahin "ungeahnte aktuelle Bedeutung" erlangt und zu einem hohen Maß an rechtlichen Klarheit beigetragen.
Ein Vergleich mit den religionsrechtlichen Situationen in Deutschland und Frankreich sowie mit den Erfahrungen der Pandemie-Bekämpfung in diesen Ländern sowie qualitative Befragungen religiöser Entscheidungsträger in den drei Ländern sollen den rein rechtlichen Befund "bestätigen bzw. kontrastieren", heißt es. "Die Mehrdimensionalität des Projekts ergibt sich schließlich durch die explizite Einbeziehung des katholischen Kirchenrechts. Inwiefern hat die Pandemie das interne Recht der größten institutionalisierten Religion dynamisiert? Welche Impulse gingen auf minoritäre Religionen aus? Brachte die Pandemie nicht nur einen Backslash in traditionelle Geschlechterrollen, sondern vielleicht auch in ein überwundenes Bündnis des Staates mit einer bestimmten, gesellschaftlich gar nicht mehr vorherrschenden Religion?"
Beteiligt an dem Projekt mit dem Titel "Freedom of Religion and Belief in Times of Pandemic. A multilevel comparative law project on state and religious legal reactions to the SARS-CoV-2 pandemic" ("Religionsfreiheit in Zeiten der Pandemie") sind das Institut für Kirchenrecht und Religionsrecht der Universität Wien (Prof. Kowatsch), das Institut für Praktische Theologie, Fachbereich Kirchenrecht der Universität Innsbruck (Prof. Rees).
Quelle: kathpress