Neues kirchliches Highlight in Wiener Museumslandschaft
Im Herzen Wiens - am Stephansplatz - eröffnet am kommenden Samstag, 7. Oktober, das architektonisch und konzeptionell neu ausgerichtete "Dom Museum Wien" als Topdestination für religiös Interessierte seine Pforten. Direktorin Johanna Schwanberg äußerte Zuversicht, dass sich das Haus als Begegnungsstätte zwischen Gegenwart und Vergangenheit, zwischen christlichem Erbe und zeitgenössischer Kultur inmitten der reichen Museumslandschaft der Bundeshauptstadt gut behaupten kann. Hilfreich werde dabei sein, dass sich wechselseitige Berührungsängste zwischen moderner Kunstszene und Kirche in den vergangenen Jahren abgebaut hätten - nicht zuletzt durch den von Rom ausgehenden "Franziskus-Effekt", erklärte die seit 2013 mit der Neuausrichtung betraute Kunsthistorikerin im Gespräch mit "Kathpress".
Dass seit der umbaubedingten Schließung des Dommuseums fast fünf Jahre bis zur nun anstehenden Neueröffnung vergingen, begründete Schwanberg damit, dass in dieser Zeit ein "Neuaufbau in vieler Hinsicht" bewältigt wurde. Mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln sei es nun gelungen, das Haus u.a. mit der architektonischen Öffnung hin zum Stephansplatz, einer innovativen Art der Kunstvermittlung, neuer Corporate Identity und einem zur Kreativität anregenden "Dom Atelier" im Zwettlerhof aufzuwerten.
Als Plus geblieben sei freilich die Sammlung des Hauses mit den historischen Schätzen des Wiener Stephansdoms und der Erzdiözese Wien, Aventgarde-Klassikern aus der Kunstsammlung des legendären Priesters und Mäzens Otto Mauer und zeitgenössischen Neuerwerbungen etwa im Zuge des alljährlichen "Msgr. Otto Mauer Preises" für junge Kunstschaffende.
Niedrigschwelliger Zugang
All dies wird im wahrsten Sinn des Wortes niedrigschwellig durch das architektonische Konzept von Boris Podrecca zugänglich gemacht: Der Eingang in das Dom Museum Wien erfolgt über den mit Granit-Platten neu gepflasterten Stephansplatz (Nr. 6). Die Besucher gelangen in den Kassa- und Shopbereich, eine freischwebende Wendeltreppe mit einem runden Glaslift in deren Mitte führt die Besucher in den ersten Stock mit den eigentlichen Museumsräumlichkeiten. Der größte Saal ist der ersten Sonderausstellung "Bilder der Sprache - Sprache der Bilder" gewidmet, wo Werke von Günter Brus, Arnulf Rainer, Alfred Kubin, Lisl Ponger, aber auch vom Meister aus Schloss Liechtenstein aus der Spätgotik oder Hrabanus Maurus aus dem 9. Jahrhundert das Verhältnis von Sprache und Bild als zwei oft korrespondierende "Säulen der Kulturgeschichte" - wie Johanna Schwanberg hinwies - beleuchtet.
Diese erste Wechselausstellung wird bis 26. August 2018 zu sehen sein, weitere sollen im Halbjahresrhythmus folgen. Abwechslung wird es nach den Worten der Dommuseums-Direktorin aber auch in den anderen Schauräumen geben: Die dort unter menschlichen Grundvollzügen wie "feiern", "schenken", "leben" oder "nachfolgen" zusammengestellten Objekte - darunter das älteste Porträt des Abendlandes, das Bildnis des Habsburgerherrschers Rudolf IV. sowie das seidene, mit arabischen Schriftzeichen versehene Grabtuch des 25-jährig Verstorbenen aus dem 14. Jahrhundert.
Die Kunst soll "atmen" können
Obwohl die 1.200 Quadratmeter Schaufläche gegenüber dem vormaligen Museum weitgehend unverändert blieb, wirkt das Museum durch die Fensterflächen mit Blick auf den Stephansdom jetzt größer und luftiger. Schwanberg ist es wichtig, dass die hier gezeigte Kunst "atmen" kann, trotz der Fülle an möglichen Exponaten nicht der Eindruck von "Überladung" entsteht.
Und auf noch etwas legt die Direktorin großen Wert: Sie will sich in den Ausstellungen nicht auf Themen wie Engel, Maria oder Schöpfung festlegen lassen, die bei einem Museum in kirchlichem Umfeld überraschungsarm wären. Schwanberg will auch gezielt Exponaten Raum geben, bei denen sich Religiöses vielleicht erst auf den zweiten Blick erkennen lässt und existenzielle, gesellschaftspolitische Brennpunkte berührt werden. Als Beispiel nannte sie ein Video in der ersten Sonderausstellung, in dem ein Performance-Künstler in einem Flüchtlingsschlauchboot das Wort "impossible" in die Meereswellen "schreibt".
Ausstellungen wie "The Problem of God" 2015 in Düsseldorf sind für Schwanberg - sie fungiert alljährlich als Jurorin für den Otto-Mauer-Preis, der als Österreichs wichtigste Auszeichnung für junge Künstler gilt - ein Fingerzeig dafür, dass sich das oft angespannte Verhältnis von Kirche und zeitgenössischer Kunst entspannt hat. Die Diagnose Arnulf Rainers von vor mehr als 20 Jahren, "Kunst und Kirche kommen nicht mehr zusammen; es ist gut, wenn sie sich von ferne freundlich grüßen", hält sie für nicht mehr zutreffend. Zudem habe es auch in Zeiten spärlicher Brückenschläge kirchliche Persönlichkeiten wie Friedhelm Mennekes SJ oder Günter Rombold gegeben, die durch ihre Kompetenz und ihr waches Interesse an Gegenwartskunst weit über die Kirche hinaus Ansehen genossen.
"Außenstation" im Stephansdom
Brückenschläge will Schwanberg auch zum Kennzeichen des Dommuseums machen. Kooperationen gebe es über Kombitickets mit dem Stephansdom und dem Mozarthaus in der nahen Domgasse 5; auch eine Zusammenarbeit mit dem Jüdischen Museum als zweitem Haus mit religiös-kulturellem Hintergrund in der Wiener Innenstadt sei angedacht. Als derzeitige "Außenstation" des Dommuseums nannte die Direktorin die Barbarakapelle im Stephansdom, wo eine Text-Licht-Installation der Künstlerin Sibylle Löw eine Art Meditationsweg eröffnet.
Über den Museumsbetrieb hinaus sollen begleitende Veranstaltungen Interessierte in das Dommuseum locken: Geplant sind laut Schwanberg u.a. am 9. November ein Abend mit Sibylle Löw, Dompfarrer Toni Faber und ihr selbst zur Installation in der Barbarakapelle, weitere "DOMerstagabende" in den Folgemonaten, "ZeitgenossInnen"-Gespräche an Sonntagen zu Gegenwartskunst, die Reihen "Kunst zum Tee" oder "Kunst vor Mittag" sowie spezielle Angebote für Kinder. "Dom Museum Wien" heißt eine App für Smartphones mit Infos über das Haus, ein Mediaguide liefert Ähnliches in fünf Sprachen. Erste große Bewährungsprobe für alle Novitäten ist der Eröffnungstag am 7. Oktober mit Open House ab 10 Uhr und der "Langen Nacht der Museen" ab 18 Uhr.
Und über die Schätze des neuen "Dom Museum Wien" spricht Johanna Schwanberg in dieser Woche in der Ö1-Reihe "Gedanken für den Tag" - auch zum Nachören unter http://oe1.orf.at/gedankenfuerdentag.
(Info: www.dommuseum.at)
Quelle: kathpress