
Parr: "Pandemie verschärft Bildungsungerechtigkeit weltweit"
"Die Pandemie verschärft die Bildungsungerechtigkeit weltweit": Wie Caritas-Generalsekretärin Anna Parr anlässlich des Internationalen Tages der Bildung (24. Jänner) am Freitag sagte, sei erstmals in der Menschheitsgeschichte für eine ganze Generation von Kindern das Lernen unterbrochen worden. Schon vor Covid-19 hätten 258 Millionen Kinder keine Schule besucht; durch die Pandemie würden rund zehn Millionen Kinder niemals wieder zur Schule gehen, beklagte Parr.
Fast ein Drittel aller Kinder zwischen 5 und 17 Jahren, die nicht zur Schule gehen, lebt laut Caritas-Zahlen in Ländern, in denen Not herrscht und wo nur beschränkter bis gar kein Zugang zu Bildung möglich ist. Aber auch in Österreich hänge Bildungserfolg noch immer vom Einkommen und Bildungsgrad der Eltern ab, wiederholte Parr eine mehrfache Kritik der Caritas.
Österreichweit 62 Lerncafes
Die katholische Hilfsorganisation versucht mit hierzulande mit Lerncafes gegenzusteuern und betreibt weltweit Bildungsprojekte. Die Caritas Österreich habe ihr Angebot an Lerncafes in den letzten zehn Jahren stark ausgebaut und biete mittlerweile an 62 Standorten österreichweit kostenlose Nachhilfe und Nachmittagsbetreuung für über 2.000 Kinder. Weltweit werden insgesamt 70.000 Kinder mit Bildungsprojekten der Caritas unterstützt, informierte Parr.
In Österreich gingen mehr als 80 Prozent der 10- bis 14-Jährigen aus armutsgefährdeten Haushalten in die Hauptschule oder NMS, nur 16 Prozent in eine AHS. Die Caritas-Lerncafes bestätigten, dass armutsbetroffene Kinder vom Schulsystem nicht ausreichend aufgefangen werden, so Parr. Mangels Ausstattung und elterlicher Unterstützung seien diese Kinder beim digitalen Corona-Schulalltag stark benachteiligt. Dadurch bedingte Defizite beim Lesen, Schreiben und die Schwierigkeit, Aufgaben zu verstehen könnten nur schwer wieder abgebaut werden. Dabei sei gerade Bildung das effektivste Mittel, um den Armutskreislauf zu durchbrechen, wies Parr hin.
Bildung "Rettungsanker" in Krisen
Gerade für Kinder in Krisensituationen stelle Bildung einen Rettungsanker dar. "Wenn zu Hause Gewalt herrscht, kann die Schule Sicherheit bieten. Wenn zu Hause Hunger herrscht, kann ein Schulessen über den Tag helfen. Wenn zu Hause niemand Arbeit hat, dann kann Bildung einen Ausweg aus Armut aufzeigen", zählte die Generalsekretärin auf. Die UN-Kinderrechtskonvention verpflichte alle Unterzeichnerstaaten wie Österreich, jedem Kind Schulbildung zukommen zu lassen.
Auch hierzulande sei das Ausmaß an Kinderarmut und Bildungsungleichheit ein klarer Handlungsauftrag, betonte Parr. Sie forderte ein flächendeckendes Angebot an qualitativ hochwertigen Kindergärten sowie ein zweites verpflichtendes und kostenloses Kindergartenjahr ein, das den Beginn einer gelingenden Bildungslaufbahn sein könne. "Außerdem braucht es eine langfristige Ausweitung von kostenlosen Förderungsmaßnahmen und außerschulische Lernangeboten für Schulkinder, damit kein Kind zurückbleibt und genau die Unterstützung erhält, die es benötigt", erklärte Parr.
Auf Kinder, die von traumatisierenden Situationen wie Flucht, Krieg oder Naturkatastrophen betroffen sind, machte Birgit Ertl, Leiterin für den Bereich Kinder und Jugend der Caritas-Auslandshilfe, aufmerksam. Für sie sei der Schulbesuch der erste Schritt zu einer Normalisierung und Stabilisierung. "In Bosnien-Herzegowina gelang es etwa, dass Kinder und Jugendliche, die in Flüchtlingsunterkünften leben, weiter lernen konnten", berichtete Ertl. Die Caritas habe Schulplätze organisiert und die notwendigen Materialien bereitgestellt. Im Tageszentrum der Caritas bekämen Kinder auf der Flucht außerdem gemeinsam mit Kindern aus sozial bedürftigen lokalen Familien Lernunterstützung.
Für ihre Bildungsprojekte im In- und Ausland bittet die Caritas um Unterstützung (Spendenkonto Erste Bank: IBAN AT23 2011 1000 0123 4560, Kennwort "Kinder in Not"; Online-Spenden: www.caritas.at/kinder)
Quelle: kathpress