Liturgiewissenschaftler fordert Stärkung von Präsenzgottesdiensten
Ein starkes Plädoyer für die Rückkehr zu Gottesdienstfeiern in Präsenz hat der deutsch-italienische Liturgiewissenschaftler Prof. Marco Benini bei einem Vortrag in Klosterneuburg gehalten. Zwar seien digitale Formen gerade während der Lockdowns und Pandemie eine wichtige Möglichkeit gewesen, gemeinsam Gottesdienst zu feiern. Das dürfe allerdings nicht dazu führen, dass medial übertragene Gottesdienste zukünftig ganz an die Stelle der vor Ort gefeierten Liturgien treten. Bei der Veranstaltung des Pius-Parsch-Institutes in Klosterneuburg am Donnerstag forderte der in Trier lehrende Benini "Mut zu mehr Präsenz".
TV- und Online-Gottesdienste kämen gerade auch Menschen zugute, die aus Gesundheits- oder Altersgründen nicht in die Kirche kommen können. Dennoch habe die physische Präsenz einen besonderen Mehrwert, betonte der Theologe. Liturgie ziele laut dem Zweiten Vatikanischen Konzil auf die tätige Teilnahme der Gläubigen ab - durch Worte, Gesänge und Handlungen, die ein Mittun erfordern. Bei übertragenen Gottesdiensten fehle außerdem die reale Feiergemeinschaft mit anderen Menschen, wies Benini hin. Die Gemeinschaft der Kirche werde immer schon so verstanden, dass der Empfang der Kommunion sie nicht nur ausdrückt, sondern auch stärkt.
Vorträge oder Besprechungen online zu halten, bei denen es um den Austausch von Informationen gehe, sei problemlos möglich. Bei den Sakramenten stoße diese Form an ihre Grenzen, denn hier gehe es um eine "Begegnung mit Christus", die konkrete Zeichenhandlungen ebenso brauche wie "Gemeinschaft, Raum und Sinne".
Höhere Ansprüche an Feierkultur
Ungeachtet dessen könne die Kirche aus ihren Erfahrungen mit der digitalen Welt für Präsenzgottesdienste lernen, zeigte sich Benini überzeugt. So müsse Liturgie Identität stärkend sein, um wieder neu an Relevanz zu gewinnen. Dazu gehöre es, das Bedürfnis des modernen Menschen nach Singularität wie auch nach Gemeinschaft entsprechend zu berücksichtigen und neue Formen von Partizipation zu finden. Nicht zuletzt würden durch die mediale Übertragung von Gottesdiensten höhere Ansprüche an die Zelebranten und liturgischen Dienste in Bezug auf die Ästhetik von Liturgie gestellt, betonte Benini.
Der Liturgiewissenschaftler referierte auf Einladung des Pius-Parsch-Instituts in Klosterneuburg im Anschluss an die jährliche Generalversammlung der dortigen Liturgiewissenschaftlichen Gesellschaft. Benini wurde 2019 für seine Habilitationsschrift über "Liturgische Bibelhermeneutik", die die Verbindung von Bibel und Liturgie als zentrales Anliegen von Pius Parsch wie auch des Zweiten Vatikanischen Konzils vertiefend weiterdenkt, mit dem renommierten Pius-Parsch-Preis ausgezeichnet.
Die Liturgiewissenschaftliche Gesellschaft Klosterneuburg wurde 2004 anlässlich des 60. Todestages des Liturgiepioniers Pius Parsch gegründet und zählt über 200 Mitglieder. Geleitet wird sie von einem Kuratorium, an dessen Spitze der St. Pöltner Weihbischof und Liturgiereferent der Österreichischen Bischofskonferenz, Anton Leichtfried, sowie als Präsident Prof. Andreas Redtenbacher stehen; mehrere österreichische Äbte sind kooptierte Mitglieder des Kuratoriums.
Quelle: kathpress