Scheuer: Nach Corona-Krise "Verbundenheit und Heilung fördern"
"Verbundenheit und Heilung fördern" - dieses Anliegen steht im Mittelpunkt des diesjährigen Fastenhirtenbriefes des Linzer Bischofs Manfred Scheuer. Der Weg auf Ostern hin möge "alle zuversichtlich machen, dass es gelingt, in Achtsamkeit und Freundlichkeit, in Versöhnungsbereitschaft und in zugewandter Nähe Verbundenheit und Heilung zu fördern", schrieb Scheuer in seinem auch als Videobotschaft vorliegenden, bereits Mitte Februar im Diözesanblatt veröffentlichten Hirtenwort. Gottes Nähe sei dabei zugesagt.
In seinem Bischofswort macht sich Scheuer Gedanken über Haltungen, die angesichts der Polarisierungen im Zuge der Corona-Pandemie hilfreich seien: Achtsamkeit und Sorge, Versöhnungs- und Vergebungsbereitschaft sowie Freundlichkeit. In den vergangenen Wochen habe er in Gesprächen, Anrufen, E-Mails oder Schreiben Gemütsbewegungen wahrgenommen wie "aufgewühlt, empört, verzweifelt, irritiert, ratlos". Im Gefolge der Debatten um Infektionsschutzmaßnahmen komme oft Angst um ein gesellschaftliches Auseinanderdriften hoch, beklagte Scheuer. Dies gehe durch weite Teile der Gesellschaft - in Familien und Freundschaften, Pfarren und kirchliche Gemeinschaften.
"Besserwisserei, ausschließliche Kritik an den anderen, Anklage oder gar Verachtung" gingen in so einer Situation ins Leere, betonte der Bischof. "Moralische Appelle allein lassen die Fronten erstarren." Als Haltungen, die jetzt weiterhelfen, nannte Scheuer die Sorge - im Lateinischen "cura" -, die auf Heilendes ausgerichtet sei. Sorge meine die Umsicht, mit der man sich um jemanden kümmert und Verantwortung übernimmt, aber natürlich auch "Beunruhigung, die ich für jemand empfinde, weil ich andere als wertvoll betrachte". Solche Sorge und Achtsamkeit sind nach den Worten des Bischofs nicht nur in persönlichen Beziehungen wichtig, sondern auch im gesellschaftlichen Bereich.
Versöhnung fällt nicht leicht
Scheuer unterstrich auch die Bedeutung der Bereitschaft zu Versöhnung und Vergebung. Sie würden dort möglich, "wo ich nicht mehr um jeden Preis recht haben muss und wo doch wahr sein darf, was verletzt und kränkt". Scheuer sprach die Gefahr an, sich einem versöhnenden Gespräch gar nicht aussetzen zu wollen: "Lieber vertagt man es und schiebt es vor sich her." Denn Versöhnungsprozesse seien mühsam und schmerzlich, es gebe keine Garantie und auch keinen Anspruch auf Erfolg. Oftmals würden es Dritte ermöglichen, Versöhnung nicht zu einer Überforderung werden zu lassen und einen Raum des Vertrauens zu schaffen: andere Familienmitglieder, Freunde, Therapeutinnen, Seelsorger.
Dieser "Dritte" könne auch Gott sein, "der in mir und auch in meinem Gegner oder Feind wirkt", schrieb Scheuer. Versöhnung und Vergebung seien "österliche Prozesse". Der Appell des Bischofs: "Bitten wir um Versöhnung, Vergebung und Heilung in den persönlichen, in den gesellschaftlichen und kirchlichen Auseinandersetzungen, Konflikten, Feindschaften, Verletzungen und Kränkungen."
Haltung der Freundlichkeit üben
Als einen weiteren Schlüsselbegriff bezeichnete Scheuer die auch von Franziskus in seiner Enzyklika "Fratelli tutti" hoch gehaltene "Freundlichkeit": "Hin und wieder aber erscheint wie ein Wunder ein freundlicher Mensch, der seine Ängste und Bedürfnisse beiseitelässt, um aufmerksam zu sein, ein Lächeln zu schenken, ein Wort der Ermutigung zu sagen, einen Raum des Zuhörens inmitten von so viel Gleichgültigkeit zu ermöglichen", zitierte Scheuer den Papst. Freundlichkeit zu üben, sei "kein kleines Detail oder eine oberflächliche spießige Haltung", die durch sie ausgedrückte Wertschätzung und Respekt habe eine kulturprägende Kraft.
Eine solche Freundlichkeit soll - so der Wunsch des Linzer Bischofs - in folgenden Werken der Barmherzigkeit zum Ausdruck kommen: anderen zuhören und sich Zeit dafür nehmen - auch wenn Verletzungen passiert sind; andere besuchen und nach einem Streit den ersten Schritt tun; für jemanden beten; ihn oder sie segnen. (Link zur Videobotschaft: https://vimeo.com/679084175)
Quelle: kathpress