
Theologin: Kooperativen Religionsunterricht interreligiös etablieren
Ein seit etwa 20 Jahren bestehendes "Erfolgsmodell" wie den dialogisch-konfessionellen Religionsunterricht (DKRU) in Österreich interreligiös zu etablieren: Das regte Bettina Brandstetter am Dienstagabend anlässlich der fünften "Ulrich Winkler Lecture" an der Katholisch-Theologischen Fakultät Salzburg im Kathpress-Interview an. Sie ist seit diesem Herbst Professorin am Institut für Forschung und Entwicklung der Privaten Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz (PHDL). Für den DKRU arbeiten fünf Konfessionen zusammen: die altkatholische Kirche, die evangelische Kirche, die katholische Kirche, die Freikirchen und die orthodoxe Kirche in Wien.
Über solche Modelle werde im deutschen Sprachraum viel nachgedacht. Herausfordernd sei nicht zuletzt, ein gemeinsames Dialogverständnis zu entwickeln, sodass man sich der Pluralität und der Säkularisation stellen könne. "Weil die Kinder wohl mit hohem Interesse Religionsunterricht besuchen, aber mit zunehmend weniger religiöser Sozialisation." Gleichzeitig verschwinde die Religion nicht, sondern präge sich "plural und individualistisch" aus, "bis hin zu Weltanschauungen, die fundamentalistisch sein können". Sich dem gemeinsam zu stellen, brauche "eine Verbundenheit auf universitärer Ebene, aber auch auf Schulamtsebene".
Wichtig für die Zukunft des Religionsunterrichts in Österreich sei ein reger Austausch unter den Lehrenden. Ein gutes Beispiel sei die "ARGE Religionspädagogik", die bereits jahrelang zusammenarbeitet und "mit einer Stimme" spreche. Die Kooperation auf wissenschaftlicher Ebene sei etabliert in Österreich.
"Diskurssensiblere" Forschung
Brandstetter sprach sich am Dienstagabend in Salzburg zudem für mehr Sensibilität im Diskurs der religionspädagogischen Forschung und in der Religionspädagogik generell aus. Es sei notwendig, immer auch "die gesellschaftlichen Dynamiken und Diskurse, die mitschwingen" einzubeziehen. "Wir bewegen uns immer in Diskursfeldern, wo es um Interessen geht, wo Politik gemacht wird", betonte sie: "Wo Menschen unterschiedliche Bewertungen erfahren, weil sie als anders oder die anderen wahrgenommen werden." Für diese Formen des "Otherings" sollte Religionspädagogik mehr sensibilisiert werden, obwohl sie das schon sei.
Das im Vortrag aufgegriffene Thema "Machtvolle Differenzierungen" soll ein Beitrag dazu sein. Brandstetter zeigte durch die kritische Analyse von Forschungsinterviews mit einer katholischen und einer islamischen Religionspädagogin nicht nur auf, wie etwa durch die Art der Fragestellungen und die Zusammensetzung des Forschungsteams "machtvolle Diskurse in der Forschung" entstehen. Diese können letztendlich zu Diskriminierungen führen. Sie verwies auch darauf, dass der Religionsunterricht und die religionspädagogische Forschung konstruktiv dazu beitragen können, diese Problematik zu überwinden: Wenn etwa Kinder aus unterschiedlichen Verhältnissen beginnen, einander kennenzulernen und zu verstehen. Hier gibt es einen hohen religionspädagogischen Auftrag in allen Feldern unseres Bildungssystems, unterstrich Brandstetter.
Prof. Franz Gmainer-Pranzl, Leiter des Salzburger "Zentrums Theologie Interkulturell und Studium der Religionen", würdigte Brandstetter in seinen Begrüßungsworten als ein "Urgestein des Zentrums".
Ulrich Winkler Lectures
Die "Ulrich Winkler Lectures" sind eine Vortragsreihe im Gedenken an den verstorbenen Salzburger Dogmatiker Ulrich Winkler (1961-2021). Er war Assoziierter Professor am Fachbereich für Systematische Theologie und Mitgründer des Zentrums für Theologie Interkulturell und Studium der Religionen und Gaststudent am "Center for the Study of World Religions (CSWR)" der Harvard University. Von 2016 bis 2019 hielt er den Laurentius Klein Lehrstuhl für Biblische und Ökumenische Theologie am "Theologischen Studienjahr Jerusalem" und war Dekan. Seine Forschungsschwerpunkte waren die Religionstheologie und die Komparative Theologie. Die Vorträge sollen am Ende der Reihe gesammelt in einem Buch erscheinen. (Infos: www.plus.ac.at/ztkr/news-events-social-media/bthw2021/ulrich-winkler-lectures)
Quelle: kathpress