
Jesuit Schumacher: Fragen Jugendlicher an Kirche "nicht wegschieben"
Die Kirche darf die Fragen Jugendlicher an sie "nicht wegschieben". Das betonte der Jesuitenpater und langjährige Leiter der Zukunftswerkstatt der Innsbrucker Jesuiten und des mk-Jugendzentrums, Helmut Schumacher, im Interview mit der Kirchenzeitung "Tiroler Sonntag" der Diözese Innsbruck (aktuelle Ausgabe). Ein glaubwürdiges Auftreten und sich den wichtigen Themen zu stellen, sei eine Voraussetzung dafür, dass Jugendliche etwas vom Evangelium hören und ihre Lebensthemen teilen wollen, zeigte er sich überzeugt. "Der Großteil der Jugendlichen sucht etwas anderes", erzählte er. "Das wird in den meisten klassischen Pfarrgemeinden nicht mehr angeboten."
Dem langjährig in der kirchlichen Jugendarbeit Engagierten ist es wichtig, "einen Ort anzubieten, an dem die Jugendlichen einfach sein dürfen": An dem sie soziale Kompetenzen erlernen, Fähigkeiten erweitern, eigene Projekte angehen und Verantwortung für andere übernehmen können. Wesentlich sei, einen Blick für andere, für die Gesellschaft als Ganzes zu entwickeln. "Sie sollen hier in der mk und in der Zukunftswerkstatt Orte finden, wo sie in aller Freiheit ihr Leben entdecken, Fragen nach Gott stellen und sich ein Stück weit ausprobieren dürfen."
Jugendliche fragen nach dem Glauben
Zukunftswerkstatt und mk, das Jugendzentrum der Jesuiten in Innsbruck, sprechen unterschiedliche Zielgruppen an. Bewohnerinnen und Bewohner der Zukunftswerkstatt zeichne "eine starke Suche nach ihrem Weg aus, eine große Sehnsucht nach Spiritualität", erklärte er. Für viele sei es ein brennendes Thema, wie sie die Spannung aushalten können, mit ihren Werten und Einstellungen in der Kirche zu leben. Die mk sei "eher ein säkularer Ort". Aber Fragen nach Gott, nach Spiritualität und nach dem Beten kommen durchaus auf, etwa auf Fahrten, wenn man gemütlich zusammensitzt, oder am Billardtisch, erzählte er: "Fast alle sehen die Kirche sehr kritisch. So wie sie ist, würden sie die Kirche nicht unterstützen wollen." Die Jugendlichen fragen zwar nach dem Glauben, nach gelungenem Leben, nach Gott, rechnen aber eher nicht damit, in der Kirche Antworten auf diese Fragen zu finden.
Als Jesuit habe er es mit beiden Zielgruppen nicht allzu schwer. Jesuiten seien für viele Jugendliche "irgendwie cool". Die kritische Haltung zur Kirche könne er ganz gut annehmen, weil er selbst viele Fragen an die Kirche teile. Die Jugendlichen suchen einen Zugang zum Glauben, ähnlich der ignatianischen Spiritualität: mit dem eigenen Leben beten zu lernen. Einen Zugang zur Bibel zu finden - in dem Wissen, dass die Geschichten von damals ganz konkret mit dem eigenen Leben zu tun haben. "Wir sagen ihnen zu: Du kannst deine Geschichte mit dem Evangelium und mit Gott schreiben." Dafür seien ansprechende Räume zum Wohlfühlen wichtig, zudem eine stimmige, ansprechende Liturgie.
Abschied aus Innsbruck
P. Helmut Schumacher stammt aus Norddeutschland. Er war Priester in der Diözese Osnabrück, bevor er 2014 in den Jesuitenorden eintrat. Seit 2016 lebt er in Innsbruck, wo er sechs Jahre lang das mk-Jugendzentrum leitete, die Zukunftswerkstatt aufbaute und über ignatianische Spiritualität promovierte. Jetzt sei es Zeit, Abschied zu nehmen. Für ihn war es eine "dichte, volle Zeit" mit Begegnungen mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. "Ich werde Innsbruck mit großer Dankbarkeit und viel Staunen im Herzen verlassen - für die Jahre, die ich hier leben durfte und die Möglichkeiten, die der Orden mir gegeben hat, so arbeiten zu dürfen, mit so viel Freiheit und Vertrauen", betonte er. Der Abschied falle ihm schwer, aber er freue sich auf das Neue, was kommt. Es sei an der Zeit, die Sachen abzugeben.
Für Schumacher steht nun das "Terziat" an, der letzte Ausbildungsabschnitt bei Jesuiten. "Das ist eine Art Sabbatical, in der man sich Zeit nimmt, auf das eigene Leben und die Ordensbiographie zu schauen und sich intensiv mit unseren Satzungen auseinanderzusetzen", erklärte er. "Die 'großen' 30-tägigen Exerzitien und ein Sozialexperiment gehören auch dazu. Wir kommen als Gruppe aus der ganzen Welt im Libanon zusammen. Jeder bringt seine Geschichte mit."
Das "Terziat" selbst dauert acht Monate, Schumacher wird es nächsten September nahe Beirut verbringen. Davor steht ein halbes Jahr in den USA bevor: "Ich werde in New York an einem Projekt mitarbeiten, Exerzitien in einem Gefängnis zu geben und Haftentlassene zurück in den Arbeitsalltag zu begleiten. Anschließend geht es weiter nach Uganda, wo ich mit Geflüchteten arbeiten werde."
Energie, Kraft und Halt zieht er aus seiner Arbeit und aus den Begegnungen. Auch die Natur und Freunde geben ihm Kraft. "Und natürlich lebe ich aus dem Halt, den mir das Gebet und die Spiritualität geben: Der Glaube daran, dass unser Leben von Grund auf getragen ist", betonte er.
Quelle: kathpress