
Kirchen begehen am 17. Jänner den "Tag des Judentums"
Die Kirchen in Österreich feiern am 17. Jänner den "Tag des Judentums". Das Christentum ist von seinem Selbstverständnis her wesentlich mit dem Judentum verbunden. Damit dies den Christen immer deutlicher bewusst wird, hat der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) im Jahr 2000 den 17. Jänner als besonderen Gedenktag im Kirchenjahr eingeführt. Dabei sollen sich die Christen in besonderer Weise ihrer Wurzeln im Judentum und ihrer Weggemeinschaft mit dem Judentum bewusst werden. Zugleich soll auch das Unrecht an jüdischen Menschen und ihrem Glauben in der Geschichte thematisiert werden. Dies erfolgt im Rahmen von Gottesdiensten und weiteren Gedenk- und Lernveranstaltungen.
Die Initiative zum "Tag des Judentums" geht auf die Zweite Europäische Ökumenische Versammlung 1997 in Graz zurück. Auch in Italien, Polen und den Niederlanden wird der Tag des Judentums begangen. Das Datum dafür wurde bewusst gewählt: So sollen die Kirchen den Geist dieses Tages in die anschließende weltweite "Gebetswoche für die Einheit der Christen" (18. bis 25. Jänner) weiter tragen; denn bei allen Trennungen der Christenheit untereinander sei allen Kirchen gemeinsam, dass sie im Judentum verwurzelt sind, so die Veranstalter.
Der "Tag des Judentums" wird in ganz Österreich mit verschiedenen Veranstaltungen und Gottesdiensten begangen. Der zentrale Gottesdienst des ÖRKÖ zum "Tag des Judentums" findet am Dienstag, 17. Jänner, um 18 Uhr in der Evangelisch-methodistischen Kirche in Wien 15 (Sechshauserstr. 56) statt. Dem Gottesdienst wird u.a. der methodistische Superintendent Stefan Schröckenfuchs vorstehen. Mit dabei ist u.a. auch der Präsident der Koordinierungsausschusses für Christlich-jüdische Zusammenarbeit, Prof. Martin Jäggle. Die Predigt hält der rumänisch-orthodoxe Theologe und Pfarrer Ioan Moga. Der Gottesdienst steht unter dem Motto "Denn bei dir ist die Quelle des Lebens, in deinem Licht schauen wir das Licht." Das Motto ist dem biblischen Psalm 30 entnommen.
Lernen, gedenken, feiern
2019 führte der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit gemeinsam mit Partner eine Dreiteilung des "Tages des Judentums" ein; auf einen "Tag des Lernens", einen "Tag des Gedenkens" und einen "Tag des Feierns" (am eigentlichen "Tag des Judentums"/17. Jänner).
Am Donnerstag, 12. Jänner, findet der "Tag des Lernens" statt. Das Thema lautet: "Ausgangspunkt: Judentum des zweiten Tempels". Die Veranstaltung im Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (Seitenstettengasse 4) findet auch im Gedenken an den großen jüdischen Theologen Pinchas Lapide statt, der im vergangenen Jahr seinen 100. Geburtstag gefeiert hätte. (Lapide wurde am 28. November 1922 in Wien geboren.) Der Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ), Bischof Tiran Petrosyan, wird die Veranstaltung mit einem Grußwort eröffnen, weitere Vortragende sind Oberrabbiner Jaron Engelmayer und der katholische Bibelwissenschaftler Prof. Markus Tiwald.
Der "Tag des Gedenkens" am Montag, 16. Jänner ist heuer den Auschwitz-Deportationen vom Wiener Nordbahnhof ab 1943 gewidmet. Die Veranstaltung findet um 19 Uhr in der Bezirksvorstehung Wien 2 (Karmelitergasse 9/2. Stock) statt. Die Wiener Historikerinnen Prof. Martha Keil und Michaela Raggam-Blesch bereiten den historischen Hintergrund auf. Zum Thema "Geschwisterlichkeit statt Judenfeindschaft" wird Prof. Martin Jäggle, Präsident des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit, sprechen.
Weitere Beiträge kommen u.a. vom Wiener Dechanten Ferenc Simon, dem serbisch-orthodoxen Bischof Andrej Cilerdzic, Awi Blumenfeld von der Pädagogischen Hochschule Wien-Krems, Bezirksvorsteher Alexander Nikolai und Benjamin Nägele, Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde Wien. Eröffnen und abschließen wird die Veranstaltung Elisabeth Lutter von der "Vernetzten Ökumene Wien", die den "Tag des Gedenkens" gemeinsam mit dem Koordinierungsausschuss veranstaltet.
Am "Tag des Feierns" (17. Jänner) findet schließlich der ökumenische Gottesdienst des ÖRKÖ statt.
Veranstaltungen in den Bundesländern
In Graz findet am 17. Jänner um 19 Uhr in der Evangelischen Heilandskirche (Kaiser-Josef-Platz 9) ein ökumenischer Gottesdienst zum "Tag des Judentums" statt. Der Gottesdienst steht unter dem biblischen Thema "Meinen Bogen stelle ich in die Wolken". Die Predigt hält die methodistische Pastorin Esther Handschin. Veranstalter sind das Ökumenische Forum christlicher Kirchen in der Steiermark, die Evangelische Pfarrgemeinde Graz-Heilandskirche, die Katholische Stadtkirche Graz und das Grazer Komitee für christlich-jüdische Zusammenarbeit.
Die Katholisch-Theologische Fakultät Salzburg lädt am 17. Jänner zu einem Studiennachmittag zum Thema "Der jüdische Jesus" (Universitätsplatz 1, HS 101). Dass Jesus von Nazareth ein antiker Jude war, gehöre inzwischen zum Allgemeinwissen. Jedoch: "In der kirchlichen Öffentlichkeit, aber mitunter auch in der Forschung, ist es für viele immer noch ungewohnt, das Neue Testament und das entstehende Christentum (zumindest in weiten Bereichen) als Teil des vielfältigen Judentums seiner Zeit zu sehen", heißt es in einer Ankündigung zur Veranstaltung. Es referieren ab 15 Uhr der deutsche Experte für Neues Testament und antikes Judentum Prof. Lutz Doering und seine US-amerikanische Kollegin Prof. Amy-Jill Levine mit denselben Spezialgebieten; weiters die heimische evangelische Theologin Susanne Lechner-Masser. Veranstalter sind das Zentrum für Jüdische Kulturgeschichte der Universität Salzburg, die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Salzburg, die Kirchliche Pädagogische Hochschule (KPH) Edith Stein Salzburg, die KPH Wien/Krems und die Erzdiözese Salzburg.
In Linz findet schon am Sonntag, 15. Jänner, um 19 Uhr in der Ursulinenkirche (Landstraße 31) ein ökumenischer Gottesdienst zum "Tag des Judentums" statt. Die Predigt hält Gudrun Becker, Referentin für Ökumene und Judentum der Diözese Linz und Leiterin des christlich-jüdischen Komitees OÖ.
Am 17. Jänner lädt die Diözese Linz um 19 Uhr zu einer Veranstaltung zum Thema "Die Bedeutung des Namens in Judentum und Gedenkkultur" in die Katholische Privatuniversität Linz (Bethlehemstraße 20). Referentinnen sind die Linzer Bibelwissenschaftlerin Prof. Susanne Gillmayr-Bucher und Barbara Staudinger, Direktorin des Jüdischen Museums Wien. "Der Name des Menschen ist auch Ausdruck von Identität, Würde, Zugehörigkeit und Einzigartigkeit. Der Name von Menschen spielt daher in der Erinnerungs- und Gedenkkultur eine bemerkenswerte Rolle", heißt es im Vorfeld der Veranstaltung. Nicht zuletzt die Entmenschlichung von Opfern durch "Nummerierung" in den nationalsozialistischen Vernichtungslagern lasse die existenzielle Bedeutung von Namen erahnen. Anlässlich des "Tages des Judentums" wolle man sich der Bedeutung des Namens aus der Perspektive der Bibel sowie der Gedenkkultur nähern.
In Innsbruck referiert Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems, am 17. Jänner im Haus der Begegnung (Rennweg 12) ab 18.30 zum Thema "Jüdische Diaspora - Jüdische Museen". Zu diesem Vortrag laden auch Bischof Hermann Glettler und der evangelische Superintendent Oliver Dantine in besonderer Weise ein.
In der Wiener Pfarrkirche St. Erhard (1230 Wien) findet schließlich zum "Tag des Judentums" ein Konzert mit der Salzburger Sängerin Simone Pergmann und "The Jewish Art Trio" statt (17. Jänner, 19.30 Uhr, Endresstraße 117, 1230 Wien).
Ein Überblick über alle Gottesdienste und Veranstaltungen findet sich auf der Website des Koordinierungsausschusses für christlich-jüdische Zusammenarbeit unter https://tagdesjudentums.christenundjuden.org.
Quelle: kathpress