
Christliche Sozialdemokraten: SPÖ muss für Geflüchtete einstehen
Für die Mitglieder der "Arbeitsgemeinschaft für Christentum und Sozialdemokratie" (ACUS) gibt es keine Vorgaben, was den SPÖ-Parteivorsitz und die Spitzenkandidatur bei der nächsten Nationalratswahl betrifft. Zugleich machte der Vorsitzende der ACUS, Matthias B. Lauer, im Kathpress-Interview am Donnerstag deutlich, dass für christliche Sozialdemokraten das Thema Asyl und Zuwanderung ein Kriterium für die Führungsfrage der Partei ist. "Wir haben uns in der SPÖ stets für die Interessen von Geflüchteten, Migrantinnen und Migranten engagiert, etwa auf dem letzten Bundesparteitag, wo wir gefordert haben, dass es ohne Auflösung der Lager an den EU-Außengrenzen und Aufnahme von dort festsitzenden Menschen keine Regierungsbeteiligung der SPÖ geben darf", sagte Lauer.
Von daher falle die Haltung zu "thematischen Vorstößen, wie sie aus dem Burgenland gekommen sind" und die sich auch in anderen Teilen der Partei fänden, "sicher sehr ablehnend" aus. Die fairste Konfliktbeilegung in der SPÖ-Führungsfrage besteht nach den Worten Lauers darin, "sich an den gemeinsamen Werten zu orientieren".
Die ACUS wurde ursprünglich als Dialogforum zwischen den Kirchenleitungen, vor allem dem römisch-katholischen Episkopat, und der SPÖ gegründet. "Diese Funktion hat unsere Organisation seit Ende der 1980er-Jahre nicht mehr", erklärte deren Vorsitzender. Die Arbeitsgemeinschaft verstehe sich nun als eine Gemeinschaft engagierter Christ:innen in der SPÖ und engagierter Sozialdemokrat:innen in den Kirchen. In der SPÖ habe die ACUS den Status einer befreundeten Organisation und einer sogenannten Themeninitiative und sei als solche mit einem Mandat beim Bundesparteitag vertreten.
Zum Fahrplan bis zur Entscheidung über die Person an der Spitze der SPÖ mit Mitgliederbefragung bis zum 10. Mai und anschließendem Sonderparteitag betonte Lauer das Anliegen der ACUS, "dass eine breitestmögliche demokratische Beteiligung innerhalb der Partei diese in die Zukunft führt". Inhaltlich sollte sich die politische Arbeit der Partei auf Fragen wie Mietkosten und Millionärssteuer fokussieren, diese Themen gelte es auch mit "der absolut drängenden Frage des Klimawandels", der derzeitigen Kriegsdynamik und der Finanzkrise zu verbinden, so Lauer. Die Sozialdemokratie müsse eine Kraft gegen eine Staatsschulden vermeidende Austeritätspolitik und für eine überlebensfähige Gesellschaft sein sowie "die sprichwörtlichen kleinen Leute ins Zentrum" rücken. "Die Chancen der Sozialdemokratie liegen also nicht allein in den Themen, sondern auch darin, dass sie eine breitere gesellschaftliche Schicht ansprechen kann", erklärte der ACUS-Vorsitzende.
Die Arbeitsgemeinschaft sei eine zahlenmäßig kleine und "von manchen in der SPÖ immer noch als Kuriosität wahrgenommene Organisation"; dennoch könne sie - wie sich in der Vergangenheit mehrfach gezeigt habe - sehr wohl Einfluss auf die Politik der Bundespartei nehmen. Lauer erinnerte an die Reform des Privatkonkurses 2017, die auf die ACUS zurückgehe, auch Beschlüsse zur Regulation des Finanzmarkts und der Absicherung von Freien Dienstnehmenden seien von ihr vorangebracht worden.
Es braucht neue Formen der Teilhabe
In Politik wie auch in Kirche hält der ACUS-Vorsitzende neue Formen der Teilhabe für notwendig. Digitale Instrumente würden als Hilfsmittel an Bedeutung gewinnen, aber ebenso der unmittelbare gemeinschaftliche Austausch. Alle bedeutenden gesellschaftlichen Bewegungen der letzten Jahre wie "Fridays For Future" oder "Black Lives Matter" wurden nach den Worten Lauers von jungen Frauen geprägt, die sich in patriarchal-hierarchischen oder "vereinsmeierischen" Strukturen nicht wiederfänden. Im Bereich der Kirchen wies Lauer auf die wachsende Gefahr hin, "dass wir uns am Ende nur mehr zwischen einer reinen Versorgungskirche und einem enthusiastischen Wohlstandsevangelium, einer rechtspolitisierten Abendland-Ideologie und einem kleinbürgerlichen Wohlfühl- und Absegnungschristentum entscheiden müssen". Gerade unter den jüngeren Jahrgängen gebe es jedoch ein verstärktes Bedürfnis nach Glaubwürdigkeit und Grundsätzlichkeit in allen Bereichen.
Auf die Frage nach seiner Einschätzung des Pontifikats von Papst Franziskus bezeichnete es Lauer als "sehr positiv", dass dieser Fragen der Ökologie und der wirtschaftlichen Ungerechtigkeit ins Zentrum seiner Verkündigung rücke. Weniger goutiert seien in der ACUS Papst-Aussagen gegen eine sogenannte "Gender-Ideologie". Der Vorsitzende dazu: "Ich gehöre selbst nicht der römisch-katholischen Kirche an, vernehme aber unter den Angehörigen dieser Konfession in unseren Reihen - und das ist die Mehrheit - einen klaren Wunsch nach mutigen Schritten hin zur Frauenordination und einer stärkeren Beteiligung von Laien."
Quelle: kathpress