
Bischof Glettler: Am Thema Nachhaltigkeit "kleben bleiben"
In der Diözese Innsbruck wird der Schöpfungsgerechtigkeit und Nachhaltigkeit seit Jahren eine besondere Bedeutung beigemessen. Nach den Worten von Bischof Hermann Glettler, der am Freitag an der Klima-Demo von "Fridays for Future" in Innsbruck teilnimmt und auch andere dazu aufrief, gelte es, die Zukunftsängste der jungen Menschen ernst zu nehmen und "am Thema klebenzubleiben". Die katholische Kirche in Tirol tue dies u.a. in Form von erneuerbarer Energie, verantwortungsvoller Mülltrennung sowie regionale Lebensmittel und Bio-Produkte in den hauseigenen Kantinen, hieß es in einer Aussendung am Freitag. Damit will die Diözese "Verantwortung für folgende Generationen zeigen".
In ihrer Zwischenbilanz zur Nachhaltigkeitsstrategie, die die Diözese Innsbruck im Gefolge der Papst-Enzyklika "Laudato si" (2015) seit nunmehr fünf Jahren verfolgt, informierten Glettler und kirchliche Fachleute bei einem Pressegespräch über verschiedene Konkretisierungen wie den neu geschaffenen "Karlheinz-Baumgartner-Förderungspreis" für Nachhaltigkeit, über CO2-Kompensationen und ethische Veranlagung. Pfarren würden für zeitgemäße Energiemaßnahmen speziell beraten.
Es sei notwendig, auf diesem bewusst gewählten Weg weiterzugehen und "ohne Hysterie und ohne Ausreden" dranzubleiben, betonte der Innsbrucker Bischof. Nur ein "entschlossenes, kreatives und respektvolles Miteinander" werde weiterhelfen. Glettler äußerte Verständnis für auch drastische Formen des Klimaprotestes: Junge Menschen, die solche Mittel einsetzen, sollten "als prophetische Mahner" gesehen werden. "Sie müssen uns auf die Nerven gehen, solange nämlich, bis wir endlich in die Gänge kommen und eine effektive Gegensteuerung machen. Die mahnenden Kräfte mundtot zu machen oder zu kriminalisieren, verschlimmert die Lage", mahnte der Bischof die Politik.
Für Glettler ist die Erderwärmung ein Thema, deren Folgen "uns alle treffen". Der von Menschen verschuldete Klimawandel schädige Ökosysteme und gefährde Lebensräume durch Gletscherschmelze, steigende Meeresspiegel und zunehmende Wetterextreme. Ein "alarmierendes Mahn-Bild" für den besorgniserregenden Zustand der Natur sind nach den Worten des Bischofs die durch massive Sturmschäden und Schädlingsbefall bedrohten Tiroler Wälder. "Persönlich betroffen gemacht hat mich der verheerende Anblick braun gefärbter Wälder in fast allen Tälern Osttirols während einiger Urlaubstage, die ich dort verbracht habe", so Glettler.
Es braucht ganzheitliche Ökologie
Die christlichen Kirchen in Österreich machen jährlich in der "Schöpfungszeit" vom 1. September bis zum Franziskusfest am 4. Oktober auf die Dringlichkeit der Bewahrung der Schöpfung aufmerksam, wies Glettler hin. Papst Franziskus werde nicht müde, eine ganzheitliche Ökologie einzufordern. Eine Wende zugunsten der bedrohten Schöpfung werde nur in solidarischer Verbundenheit möglich sein - nach Überzeugung des Papstes über alle nationalen, konfessionellen, ökonomischen und soziokulturellen Grenzen hinweg. Und die Caritas fordere berechtigterweise bei allen klimapolitischen Maßnahmen eine besondere Berücksichtigung der Armutsbetroffenen, ergänzte der Bischof.
Glettler kündigte den neuen, mit 5.000 Euro dotierten "Karlheinz-Baumgartner-Förderungspreis" für kirchliche Projekte zum Thema gelebte Nachhaltigkeit an. Die nach dem Außerferner Priester, langjährigen Umweltbeauftragten und Leiter des diözesanen Arbeitskreises für Schöpfungsverantwortung benannte Auszeichnung soll ab 2024 jährlich für Nachhaltigkeitsinitiativen in der Diözese Innsbruck vergeben werden.
"Leuchtturmprojekte" in der Diözese
Umweltbeauftragte Daniela Soier informierte beim Pressegespräch über "Leuchtturmprojekte" in der Diözese Innsbruck, die seit 2018 auch dem Klimabündnis Tirol angehört: Im Vorjahr angelaufen sei eine Energiedatenerhebung der diözesanen Einrichtungen und der Pfarren, ein Pfarrgemeinderatskongress sei heuer als "Green Event" durchgeführt worden, zusammen mit der Tiroler Umweltanwaltschaft erfolgte ein Saatgut-Pilotprojekt für artenreiche Begrünung.
Soier selbst bemüht sich als "Anwältin der Nachhaltigkeit" im "Wirtschaftsbetrieb" Diözese Innsbruck, die haupt- und ehrenamtlich Mitarbeitenden in den kirchlichen Einrichtungen und Pfarren zu ermutigen, die 2018 verabschiedete Nachhaltigkeitsstrategie im Alltag zu etablieren. Der Fokus liege dabei auf der Aus- und Weiterbildung, auf Beschaffung und Ökonomie, Energie, Abfall, Emissionen und Abwasser, Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit, Lebensraum und Lebensstil, Mobilität und Wohl der Mitarbeitenden.
Über den diözesanen Elektroauto-Fuhrpark mit sieben E-Autos informierte Judith Schöffthaler, in Innsbruck für kirchliches Bauen verantwortlich. Dieser könne in Zukunft über eine Buchungsplattform mit internem Car-Sharing genutzt werden. Zudem stünden Elektroräder für Kurzstrecken zur Verfügung.
In den Bereichen Bau und Infrastruktur werde auf Photovoltaik-Anlagen in Pfarren gesetzt, die beiden Bildungshäuser Haus der Begegnung in Innsbruck und St. Michael in Pfons erzeugen bereits seit einigen Jahren eigenen Strom. Dabei müsse auf Vorgaben des Bundesdenkmalamtes geachtet werden.
Zur CO2-Kompensation in der Diözese Innsbruck sagte Schöffthaler, die Diözese bemühe sich seit Jahren um Verminderung des CO2-Fußabdrucks. Durch Unterstützung eines Hilfsprojekts in Uganda von "Bruder und Schwester in Not" in Zusammenarbeit mit der Wiener Universität für Bodenkultur würden in Summe knapp 800 Tonnen CO2 eingespart.
Ethisches Investment
Ein "Vorreiter-Highlight" sei auch das Ethische Investment, mit denen die Diözese Innsbruck den Vorgaben der Bischofskonferenz-Kriterien folgt. Diözesanökonom Rainer Kirchmair zufolge spielt das Thema in der Diözese Innsbruck bereits seit ca. 25 Jahren eine große Rolle. Investments in unethisch agierende Unternehmen oder Staaten würden verhindert und nachhaltige Initiativen gefördert.
Wie er sich "aus technischer Neugier dem Geheimnis der Natur angenähert" habe, schilderte Otto Walch, Pfarrer im Seelsorgeraum Lechtal und langjähriger Hobby-Fotograf. Eine seiner zahlreichen Aktionen für eine nachhaltigere Entwicklung sei die Nutzung von Kirchtürmen für Klein- und Mikrowindräder.
Als noch geplante diözesane Angebote während der Schöpfungszeit wurden beim Pressegespräch Exkursion mit dem Fahrrad in Gemeinschaftsgärten genannt, ein ökumenisches Schöpfungslob am 16. September um 18 Uhr in der Serbisch - Orthodoxe Kirche Innsbruck sowie ein Pfarrfest zum Thema Nachhaltigkeit am 30. September in der Pfarre Lienz-Heilige Familie.
Quelle: kathpress