Grazer "VinziDorf" bietet seit 30 Jahren "Heimat für Heimatlose"
30 Jahre "VinziDorf" in Graz: Dieses Jubiläum ist am Freitag mit einem Fest im Pfarrsaal Graz-St. Leonhard gefeiert worden. Zahlreiche Ehrengäste waren der Einladung des Teams der kirchlichen Obdachlosen-Initiative mit Haupt- und Ehrenamtlichen gefolgt, darunter der steirische Landeshauptmann Christopher Drexler (ÖVP), die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr (KPÖ) sowie weitere Kommunalpolitiker und langjährige Unterstützende aus Politik, Wirtschaft und Kirche.
Das "VinziDorf" stellt seit drei Jahrzehnten eine Pionierleistung in der Obdachlosenhilfe der Steiermark und über ihre Grenzen hinaus dar: Als erste Einrichtung österreichweit erlaubte diese "Heimat für Heimatlose" seinen Bewohnern den Konsum von Alkohol und trug laut einer Aussendung am Freitag wesentlich dazu bei, Graz nahezu vollständig von Obdachlosigkeit zu befreien. Bis heute sei dieses Konzept einzigartig in der Wohnungs- und Obdachlosenhilfe, hieß es seitens der "VinziWerke".
Der Festakt wurde mit einer Schweigeminute für den im Sommer verstorbenen "VinziWerke"-Gründer, Pfarrer Wolfgang Pucher, eröffnet. Landeshauptmann Drexler würdigte dessen "Lästigsein" als eine Tugend: Es tue einem Land gut, "wenn es Menschen gibt, die sich auf diese Weise für andere einsetzen". Das Land Steiermark werde dazu beitragen, dass der Weg Puchers fortgesetzt wird. Auch Bürgermeisterin Kahr versprach, Graz werde "dieser Heimat für Menschen in Not zur Seite stehen". Die KP-Politikerin sagte wörtlich: "Wenn ich nicht eine politische Heimat hätte, dann hätte ich mich der Vinzenzgemeinschaft angeschlossen." Denn diese sei ein Ort für Menschlichkeit und Geselligkeit.
In einer Videobotschaft unterstrich auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Rolle des "VinziDorfs". Dieses sei eine "Heimat, in der jeder angenommen wird, wie er ist".
Beiträge zum Jubiläumsfest kamen auch vom "Theater im Bahnhof" und von Autorin Andrea Sailer; ein Kurzfilm bot einen Streifzug durch 30 Jahre VinziDorf und ein Gespräch mit Heide Maria Kalcsics, ehemalige Pfarrgemeinderatsvorsitzende in St. Leonhard und Weggefährtin Puchers der ersten Stunde.
"VinziDorf-Straßenbahn"
Den Ehrengästen wurde eine besondere Anfahrt geboten: Kurz vor der Eröffnung des Festes weihten bekannte steirische Persönlichkeiten die "VinziDorf-Straßenbahn" ein. Ab sofort fährt sie ein Jahr lang durch Graz - als Zeichen für den Einsatz für Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen und auch im Andenken an den verstorbenen "VinziWerke"-Gründer.
Deren Obmann Peter Pratl wies darauf hin, dass das "VinziDorf" hinter einer Mauer steht. "Wir aber dürfen uns nicht hinter einer hohen Mauer verstecken, sondern dafür sorgen, dass wir bemerkt werden." Die neue "VinziDorf-Straßenbahn" sei ein Zeichen dafür. "Als das VinziDorf gegründet wurde, hatten wir darauf gehofft, dass es irgendwann nicht mehr gebraucht wird", erzählte Pratl. "Die Tendenz zeigt allerdings, dass das Gegenteil der Fall ist." Der Obmann bat um weitere Unterstützung in finanzieller Form oder auch durch Mitarbeit.
Quelle: kathpress