Ethikerin Kummer lobt EU-Schulterschluss gegen Leihmutterschaft
Als "außergewöhnlichen Schulterschluss" hat die Direktorin des kirchlichen Ethikinstituts IMABE, Susanne Kummer, die jüngste EU-Entscheidung zu Leihmutterschaft gewürdigt. Es sei beeindruckend, dass die umstrittene Praxis in der maßgeblichen Ausschusssitzung als "Menschenhandel" verurteilt worden sei, sagte die Expertin am Dienstag gegenüber Kathpress. "Bei Leihmutterschaft geht es um Frauen in prekärer Situation. Es ist eine gute Nachricht für die Frauen- und Kinderrechte, dass Abgeordnete quer durch die Parteien bei dieser Frage nun eine Zeitenwende eingeläutet haben", so die Wiener Ethikerin. Sie hoffe auf eine Bestätigung im EU-Rat noch vor Weihnachten.
Vergangenen Donnerstag hatte der gemischte Ausschuss des EU-Parlaments für Frauenrechte und bürgerliche Freiheiten mit 69 Ja-Stimmen, 22 Enthaltungen und keiner einzigen Gegenstimme die überarbeitete "Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer" beschlossen. Erstmals wurde dabei Leihmutterschaft in die Liste der Straftaten des Menschenhandels aufgenommen und auf eine Stufe mit Verbrechen wie Sklaverei, Zwangsheirat, illegale Adoption oder Ausbeutung von Kindern gestellt. Ein EU-weites Verbot dieser Praxis - für das noch die Zustimmung im Plenum nötig ist - scheint damit greifbar.
Egal, ob bezahlt oder "altruistisch"
Besonders wichtig sei, dass das EU-Parlament nicht zwischen bezahlten und altruistischen Leihmutterschafts-Verträgen unterschieden habe, so Kummer über die neue Richtlinie. Leihmutterschaft sei vielmehr per se verurteilt worden, "weil es immer um ein Geschäft geht. Es gibt keine 'ethisch saubere' Leihmutterschaft, denn sie wird immer auf dem Rücken von 'Billigfrauen' ausgetragen, die den Kinderwunsch einer privilegierten, reicheren Schicht erfüllen sollen". Damit verbunden sei stets auch ein ganzes System von Maklern, Agenturen und gezieltem Anheuern von Frauen in finanziellen Nöten, was "unethisch" sei.
Obwohl Leihmutterschaft in vielen EU-Ländern - darunter auch Österreich - ohnehin verboten ist, bestünden weiterhin Schlupflöcher, die es zu schließen gelte, sagte Kummer. Bekannt wurden in jüngster Vergangenheit etwa in Griechenland dramatische Fälle von Frauenhandel, bei denen Frauen weggesperrt und "in Massenunterkünften wie Bruthennen festgehalten wurden", schilderte die IMABE-Direktorin. Tschechien sei heute ein Umschlagplatz für Leihmutterschaft in der Ukraine. Dramatisch sei die Lage auch in Georgien, wo Leihmütter zu 98 Prozent Kinder für Ausländer austragen - was in dem Staat am Kaukasus jedoch mit Jahresbeginn 2024 verboten ist.
Um derartige Missstände abzustellen, sei ein EU-weites Verbot für Leihmutterschaft wichtig, "vor allem aber auch ein wirksames internationales Verbot mit Sanktionen und Kontrollen", wie Kummer betonte. Kinder dürften nicht länger zur Handelsware degradiert werden, und Frauen nicht länger als Leihmütter ihren Körper und ihr Leben für reiche Menschen aufs Spiel setzen müssen. Für dieses Ziel sei weiterer Einsatz erforderlich, so die IMABE-Direktorin.
Quelle: kathpress