
Erzdiözese Wien will von Ecuador, Kenia und Philippinen lernen
Dass kirchliche Partnerschaften über Kontinente hinweg künftig noch stärker als bisher als "Lernorte" verstanden werden sollen, hat am Samstag eine Fachtagung in Wien zum Ausdruck gebracht. Unter dem Motto "Encuentro" (Begegnung) kamen erstmals die Bischöfe aller Partnerdiözesen Wiens - aus Ecuador, Kenia und Philippinen - sowie Vertreter der katholischen Wiener Migrantengemeinden und aus Pfarren, Orden und Hilfswerken zusammen. Ein "gegenseitiger weltkirchlicher Lernprozess" sei dabei angestoßen worden, berichtete der Vorsitzende der Weltkirche-Diözesankommission, Christian Zettl, am Montag gegenüber Kathpress. Das Treffen war der Auftakt eines mehrtägigen Besuchsprogramms der Gäste aus drei Kontinenten in Pfarren der Erzdiözese Wien.
Nach Wien gekommen waren die Bischöfe Anibal Nieto Guerra von San Jacinto (Ecuador), John Mbinda Makau von Lodwar (Kenia) und Bernardino C. Cortez von der Prälatur Infanta (Philippinen), begleitet von leitenden Mitarbeitenden aus dem Pastoral- und Caritasbereich ihrer jeweiligen Diözesen. Die Erzdiözese Wien war unter den rund 100 Anwesenden u.a. vertreten durch den für die anderssprachigen Gemeinden zuständigen Weihbischof Franz Scharl sowie durch die Bischofsvikare Gerwin Komma und Dariusz Schutzki.
Kirchliche Vernetzungen "auf Augenhöhe" braucht es nicht nur zwischen Nord und Süd, sondern auch zwischen Akteuren des Südens untereinander - und auch "arme" Diözesen und Gläubigen hätten den "reichen" viel weiterzugeben, zeigte die Tagung. "Vor 500 Jahren haben wir von Europa den Glauben bekommen. Heute kann unsere lateinamerikanische Kirche viel an Spiritualität, Glaube und Resilienz in schwierigen Zeiten anbieten", bemerkte der ecuadorianische Bischof Nieto Guerra. Er und seine Amtskollegen gaben Einblicke in das Ringen ihrer Ortskirchen mit dem ökosozialen Wandel, in die schwierige Situation der Frauen sowie auch die gesellschaftspolitische Lage ihrer Länder.
Über das "Empowerment von Laien" in der kirchlichen Verkündigung sprach Bischof Cortez. Laien könnten aufgrund ihrer Verankerung im Alltagsleben über Themen wie beispielsweise die Beichte viel überzeugender sprechen als Priester, so der philippinische Kirchenführer, der auch in Priesterseminaren in vielen Bereichen auf Laien als Ausbildner setzt. Die Priesterweihe für Frauen seien für Katholikinnen ihres Landes kein Thema, berichtete in einem der Workshops der Tagung Cortez' Mitarbeiterin Mary Ann Gagan Comiso. "Laien sehen sich als 'Co-Worker der Verkündigung', wodurch Priester nicht eine derart hohe Stellung haben wie etwa in Europa."
Weltkirche mit Migranten leben
Ein weiterer Schwerpunkt der Tagung war die kulturelle Vielfalt in der Erzdiözese Wien, wo ein Drittel aller katholischen Gläubigen Migrationshintergrund haben. Mehrere der "anderssprachigen Gemeinden" waren auch anwesend, konkret die philippinische, die lateinamerikanische und die Swahili-sprachige. Eine stärkere Eingliederung, Wertschätzung und Förderung dieser "Diaspora-Gemeinden" in den Wiener Pfarren sei nötig, um vor Ort die Zusammengehörigkeit weltkirchlicher Gemeinschaft zum Ausdruck zu bringen, hieß es bei der Tagung. So entstehe "Sensibilität für den Reichtum der Vielfalt der Ausdrucksformen des Kirche-Seins".
Nach den Referaten und Workshops zu den Themen kirchliche Diversität, globale Partnerschaft und Pfarren als Lernorte beschloss ein in vielen Sprachen gefeierter Gottesdienst in der Wiener Konzilsgedächtniskirche das Treffen. Vorbereitet hatten die Fachtagung die im Pastoralamt-Bereich "Kirche im Dialog" angesiedelte Fachstelle "Weltkirche und Entwicklungszusammenarbeit" und die gleichnamige Diözesankommission gemeinsam mit dem Katholischen Bildungswerk, der Gesellschaft für politische Bildung, den anderssprachigen Gemeinden/ARGE AAG, Welthaus Wien, der Dreikönigsaktion, HORIZONT3000 sowie Südwind NÖ.
Besuche in Pfarren
Der Besuch der Delegationen aus den Partnerdiözesen geht nach der "Encuentro"-Fachtagung weiter: In den nächsten eineinhalb Wochen sind Begegnungen der Gäste in Pfarren aller drei Vikariate der Erzdiözese Wien geplant. Damit wolle man "ihnen kirchliche wie gesellschaftliche Realität näherbringen, Gelegenheiten zu gegenseitigem Lernen bieten und Möglichkeiten der Vertiefung der Zusammenarbeit ausloten", so die Veranstaltenden.
Zudem läuft schon seit Mai und noch bis Jänner 2024 ein eigenes Projekt unter dem Titel "Die Welt ist ein Dorf", bei dem Pfarren der Erzdiözese Wien Workshops und Trainings zum Thema Weltkirche und interkulturelle Kommunikation in Anspruch nehmen können. Es biete die Chance, "dass Menschen aus Nord und Süd einander kennenlernen, ein Stück des Weges miteinander gehen, ihren Glauben teilen und sich für ein nachhaltigeres und gerechteres Leben in unserem 'gemeinsamen Haus' engagieren", informiert ein Ankündigungsfolder.
Quelle: kathpress