Ungar-Preise für Journalisten von ORF, Profil und Online-Magazin
Bereits zum 20. Mal haben die Caritas der Erzdiözese Wien und die Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien die "Prälat-Leopold-Ungar-Journalist*innenpreise" verliehen. Bei der Feier am Donnerstag in der Wiener Brunnenpassage wurden Robert Treichler (Profil), Noel Kriznik (Ö1), Nora Zoglauer (ORF2), Katharina Brunner, Lisa Kreutzer, Sandra Schmidhofer, Fabian Füreder, Arthur Moussavi-Wagner (Magazin "andererseits") ausgezeichnet.
Der Ungar-Preis ist mit 20.000 Euro einer der höchstdotierten Journalismuspreise Österreichs. Er geht zurück auf das Lebenswerk von Prälat Leopold Ungar (1912-1992), dem langjährigen Präsidenten der Caritas in Österreich. Mit dem Preis wurden heuer erneut Beiträge prämiert, die sich Themen wie Obdachlosigkeit, Flucht, Armut oder Pflegebedürftigkeit auseinandersetzen.
"Während der Qualitätsjournalismus zunehmenden Widrigkeiten ausgesetzt ist, treiben Digitalkonzerne die Polarisierung voran und bescheren uns einen Strukturwandel der Öffentlichkeit", betonte Wiens Caritasdirektor Klaus Schwertner anlässlich der Preisverleihung. Ein Dagegenhalten von gutem Journalismus, "der einordnet und aufklärt, der auf Fakten basiert und Dialog fördert, war daher selten wichtiger als heute", zeigte sich Schwertner überzeugt. An vielen Orten nehme die Caritas eine Zunahme der Not wahr, "Corona, Teuerungen, Krieg und Terror in der Ukraine und in Nahost". All das lasse den Druck auf die Menschen und die Gesellschaft als ganze steigen. Er freue sich deshalb, dass mit den Prälat-Ungar-Preisen journalistische Arbeiten ausgezeichnet würden, die den Blick auf jene richteten, die keine Lobby haben.
Journalistin und Autorin Barbara Coudenhove-Kalergi widmete sich in ihrer Festrede dem Lebenswerk von Prälat Leopold Ungar sowie der Wichtigkeit einer funktionierenden Zivilgesellschaft: "Die Hilfsorganisationen, unter ihnen die Caritas, die NGOs und die Qualitätsmedien bilden gemeinsam die Zivilgesellschaft und die ist in Zeiten wie diesen wichtiger denn je", zeigte sich die 91-jährige Doyenne des österreichischen Journalismus überzeugt.
"Gerade in Zeiten von Fake News und polarisierenden Hassbotschaften im Netz tragen Medienschaffende eine große gesellschaftliche Verantwortung, in die Qualitätsjournalismus einzahlt", sagte Claudia Süssenbacher, Geschäftsleiterin der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien, die die Preise seit jahren gemeinsam mit der Caritas vergibt. "Um Toleranz und Verständnis für soziale Randgruppen zu fördern, braucht es neben seriöser, konstruktiver Berichterstattung, basierend auf sorgfältiger Recherche, eine kritische Haltung und Mut."
Hauptpreisträger 2023
Der Hauptpreis in der Kategorie Print erging in diesem Jahr an Robert Treichler für die Arbeit "Was geschah, nachdem Wolfgang R. seine Frau misshandelte", die im Wochenmagazin Profil erschienen ist. Der Beitrag behandelte Gewalt an Frauen sowie Femizide. Heuer wurden in Österreich bereits 26 Frauen von ihren Partnern getötet und das sei nur die Spitze eines Eisbergs an Brutalität: Durchschnittlich jede Stunde wird eine gewalttätige Person, meist ein Mann, polizeilich weggewiesen, um Frau und Kinder zu schützen. Auch Wolfgang R. war 2021 betrunken über seine Frau hergefallen. Treichler, stellvertretender Chefredakteur des Profil, hat R. danach ein Jahr lang journalistisch begleitet. "Der Artikel bietet wichtige Einblicke in die Gewaltdynamik in Beziehungen", so die Begründung der Jury.
Der Hauptpreis in der Kategorie Fernsehen ging an Nora Zoglauer für "Weiblich, obdachlos, unsichtbar" für die ORF-Sendung "Am Schauplatz". Die Jurybegründung: "Etwa ein Viertel der von Obdachlosigkeit betroffenen Menschen sind Frauen. In der Öffentlichkeit sieht man sie nur selten. Die Journalistin hatte für ihre Reportage das Vertrauen mehrerer Frauen gewonnen, sodass sie ihre Scham überwinden und von ihrem Schicksal erzählen konnten. So gebe Zoglauer Frauen eine Stimme, die meist "unsichtbar" sind, aber immer mehr werden.
Kritik an "Licht ins Dunkel"
Der Hauptpreis in der Kategorie Online/Multimedia ging heuer an die Journalistinnen und -journalisten von "andererseits", einem "Magazin für Behinderung und Gesellschaft", Katharina Brunner, Lisa Kreutzer, Sandra Schmidhofer, Fabian Füreder und Arthur Moussavi-Wagner, die gemeinsam an "Das Spenden-Problem" gearbeitet haben. Mit ihrem Bericht zu "Licht ins Dunkel" griffen sie die Kritik von Menschen mit Behinderung an der bekannten Spendenaktion des ORF auf. Bei dieser werde oftmals nicht die Frage aufgeworfen, welche Rechte Menschen mit Behinderung zustehen, sondern sie würden auf die Rolle der Almosen-Empfängerinnen und -Empfänger reduziert. "Eine wichtige Leistung von unabhängigem Journalismus ist es, auch dort kritische Fragen zu stellen, wo das unerwünscht und unangenehm ist, wo viele lieber die Kritik ausblenden würden, weil sie nicht in ihr Selbstbild oder in die mediale Eigendarstellung passt", so die Jury.
In der Kategorie Radio wurde die Reportage "Protokolle eines Pflegedienstes" von Noel Kriznik ausgezeichnet. Gesendet wurde sie in der Ö1-Reihe "Moment". Österreich befindet sich in einer Pflegekrise - nicht erst seit heute. Gleichzeitig werden die Menschen immer älter, die Zahl der Pflegebedürftigen steigt. Kriznik erzählt die Geschichte von zwei Pflegerinnen, begleitet sie bei ihren Einsätzen und gewährt damit Einblicke in einen mühsamen Arbeitsalltag, für den es viel Energie und Empathie braucht.
Anerkennungspreise wurden in der Kategorie Print an Lina Paulitsch ("Es soll endlich aufhören", "Überhört. Übersehen. Übervorteilt" und "Gedenken und Terror" für die Wochenzeitung Falter) vergeben. In der Kategorie TV wurde Isabella Purkart ("Iran: Frau, Leben, Freiheit" für ORF Weltjournal) mit einem Anerkennungspreis ausgezeichnet. Die Anerkennung im Bereich Online/Multimedia ging an Daniela Breakovi ("Wie eine Grazer Einrichtung Homosexuelle 'therapiert'" in der "Kleinen Zeitung"). Bea Sommersguter ("Kunstgenuss ohne Schranken" für Ö1-"Moment") wurde in der Kategorie Hörfunk mit einem Anerkennungspreis prämiert.
Quelle: kathpress