
"Social Egg Freezing": Debatte zwischen Wahlfreiheit und Risiken
Das Einfrieren weiblicher Eizellen auf Vorrat ("Social Egg Freezing") beschäftigt aktuell das österreichische Parlament. Grund dafür ist die Bürgerinitiative "Zukunft Kinder! - Für eine selbstbestimmte Familienplanung" sowie die Bioethikkommission, die sich am 25. September für die umstrittene Reproduktionstechnik ausgesprochen hat. Selbstbestimmung und Karriere dürfen einem Kinderwunsch nicht entgegenstehen, meinte dazu Bürgerinitiativen-Initiatorin, Sabrina Krobath, die sich für das Einfrieren von Eizellen abseits von gesellschaftlicher Bevormundung und biologischem Druck einsetzt, in der Wochenzeitung "Die Furche" (16. November). Auf die Grenzen und Risiken der Fortpflanzungsmedizin wies hingegen "Aktion Leben"-Generalsekretärin Martina Kronthaler in dem Streitgespräch hin.
In Österreich ist das Tieffrieren von Eizellen aktuell allein aus medizinischen Gründen, wie vor einer Krebsbehandlung, erlaubt. Bei der Methode, Eizellen für eine spätere Schwangerschaft einfrieren zu lassen, handle es sich um ein Geschäft für die Anbieter von Reproduktionsmedizin, so Kronthaler. Und weiter: "Keine Geschäfte mit der Angst vor Kinderlosigkeit!" Zudem würde nur ein geringer Prozentsatz der Frauen, die eingefroren Eizellen tatsächlich in Anspruch nehmen. Außerdem seien Methoden wie "Social Egg Freezing" und In-vitro-Fertilisation-Behandlungen (IVF) komplikationsreich; Kronthaler wies etwa auf Schwangerschaftsdiabetes, Präeklampsie und Frühgeburten hin.
Kritik äußerte die "Aktion Leben"-Generalsekretärin auch an der unzureichenden Familienpolitik, deren Symptome Frauen ausbaden müssten, die zudem von ihrem Arbeitgeber dazu gedrängt werden könnten, Eizellen für später einzufrieren. Mit diesen Methoden würden Frauen in letzter Konsequenz mit ihrem Körper gesellschaftspolitische Versäumnisse reparieren. Ferner sei "Social Egg Freezing" "ein Programm für wenige".
Für Kronthaler ist es zudem fragwürdig, "dass ein Geschäft mit der Sorge um Kinderlosigkeit gemacht wird und ein soziales Ungleichgewicht entsteht". So sei auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf kein alleiniges Frauenthema, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem, das sich nicht mit dem Einfrieren von Eizellen lösen lasse.
Versicherung für die Zukunft
Als eine Versicherung für die Zukunft bezeichnete hingegen Krobath die Methode des "Social Egg Freezing". Durch Ausbildung und Berufsleben würde der Kinderwunsch nach hinten verschoben werden, "da ist es nur fair, wenn auch die Möglichkeit, Kinder zu bekommen, und damit die Fruchtbarkeit ausgeht wird".
Die Bürgerinitiative setze auf Wahlfreiheit, meinte Krobath. Frauen sollten beim Kinderwunsch und dessen Zeitpunkt nicht bevormundet werden. Zudem werde der Zeitpunkt für eine Familienplanung nicht mehr allein durch das Alter determiniert, sondern durch biografische Voraussetzungen und Familienbilder, dazu gehöre auch eine psychologische Komponente: "Eine 'gute Mutter' stellt ihr Kind ins Zentrum und ihre eigenen Interessen zurück. Dies geht mit einer davorliegenden Selbstverwirklichungsphase einher." Folglich hätten Frauen, die sich später für eine Mutterschaft entschieden, auch nicht das Gefühl, etwas verpasst zu haben, argumentierte Krobath. Überdies nehme die Methode Druck aus der Partnersuche.
Ziel der privaten Bürgerinitiative "Zukunft Kinder" sei, dass der Staat künftig unter gewissen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen die Kosten für das "Social Egg Freezing" übernimmt. Gleichzeitig müsse der Staat aber auch die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtern, so Krobath. Und weiter: "Social Egg Freezing" sei sicher nicht die beste Lösung, "aber sie ist eben eine". Die Bürgerinitiative konnte im Frühjahr die notwendigen 500 Unterschriften sammeln, um im Parlament behandelt zu werden.
Kroboth wie Kronthaler stimmten überein, dass Aufklärung über Fruchtbarkeit und die Bedeutung einer gesunden Lebensweise gefördert werden sollten. Für die "Aktion Leben"-Generalsekretärin brauche es für einen Gesetzesvorschlag jedoch noch eine bessere Datenlage, sowie mehr Unterstützungsmaßnahmen für Schwangerschaften in jüngerem Alter.
Reproduktiven Autonomie
Die Bioethikkommission hatte am 25. September eine vom Petitionsausschuss des Nationalrats bestellte Erklärung abgegeben. Ausgangspunkt war eine Bürgerinitiative, deren Forderung unter anderem darauf hinauslief, dass Frauen auch ohne medizinische Indikation ihre Eizellen - auf eigene Kosten - einfrieren lassen dürfen. In Österreich ist dies bisher verboten.
Das im Bundeskanzleramt angesiedelte Fachleute-Gremium sprach sich für das Anliegen aus und hielt darüber hinaus sogar eine finanzielle Unterstützung dafür bei finanziell benachteiligten Personen für angebracht. Erst im Anhang der Stellungnahme wurden einzelne Bedenken angedeutet, die Methode aber dennoch als Förderung der "reproduktiven Autonomie der Frau" gelobt.
Aktuell ist "Social Egg Freezing" u.a. in der Schweiz und in Deutschland erlaubt. Laut Zahlen aus der Schweiz steigt dort die Zahl der Frauen, die Eizellen entnehmen und einfrieren lassen; sie soll jährlich zwischen 300 und 400 - mit ansteigender Tendenz - liegen. In Deutschland kostet eine Eizellenlagerung und Entnahme durchschnittlich 14.000 Euro, werden aber bei medizinischen Indikationen von der Krankenkasse übernommen. Ähnlich in Österreich, wo die Eizellenentnahme zwar nur bei medizinischen Indikatoren erlaubt ist, die Kosten dafür selbst getragen müssen - außer bei Erfüllung von vom Gesundheitsministerium vorgegeben Kriterien wie Alter und Partnerschaft.
Quelle: kathpress