Arbeitnehmer fordern neue Betreuungsmodelle für Arbeitslose
Neue Zugänge in der Betreuung und im Umgang mit Arbeitslosen fordert die Katholische Arbeitnehmer:innen-Bewegung Österreich (KABÖ). Ein innovatives Beispiel dafür sei das "Reallabor Waldviertel Weinviertel West". Das kirchlich geförderte Projekt wolle die Teilhabe "aller in einer Region lebenden Menschen am gesellschaftlichen Leben" fördern, hieß es am Mittwoch anlässlich des kirchlichen "Tags der Soziallehre" (15. Mai). Im Rahmen des EU-geförderten "Reallabors" können Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen über einen längeren Zeitraum hinweg in einem speziell aufbereiteten Arbeitsumfeld tätig sein. Ziel ist eine existenzsichernde Beschäftigung. "Ein solcher Zugang ist für alle hilfreicher und sinnvoller als die simple Drohung mit der Kürzung des Arbeitslosengeldes", so die KABÖ.
"Sowohl Arbeit wie auch Einkommen sollen gesichert sein und damit die Armut bekämpft. Es geht aber auch um die Bedeutung gemeinsamen Lebens, um regionale Wirtschaft, Mobilität und Nachhaltigkeit", erklärte die KABÖ ihr Engagement. Nötig sei ein Paradigmenwechsel "hin zu einer tatsächlich auf den/die Arbeitslose/n abgestimmten Betreuung". Es müsse nicht der Mensch an die Angebote oder offenen Stellen angepasst werden, sondern die Angebote an den Menschen.
Als weiteres Beispiel für ein "innovatives arbeitsmarktpolitisches und unternehmerisches Projekt" nannte die KABÖ die Waldviertler Schuhwerkstatt in Schrems, heute GEA, die vor 40 Jahren, am 2. Mai 1984, gestartet wurde. "Das Waldviertel war damals Krisenregion, geprägt durch Betriebsschließungen und steigende Arbeitslosigkeit", erinnerte die Arbeitnehmer:innen-Bewegung.
Die Schuhwerkstatt sei auch vonseiten kirchlich Engagierter sowie von der Katholischen Jugend mitgetragen worden. Ein Teil der Anschubfinanzierung kam etwa von der Kollekte der Papstmesse von 1983 im Wiener Donaupark. "Die Schuhwerkstatt war Betrieb, Sozialprojekt und Experimentierraum", erklärte Karl Immervoll, Bundesseelsorger der KABÖ und einer der Initiatoren der selbstverwalteten Schuhwerkstatt: "Gleicher Lohn für Frauen und Männer sowie Angestellte und Arbeiter, Mitbestimmung, Betriebsrat, Integration von Menschen mit Behinderung, Beschäftigung Strafentlassener, ein nachhaltiges und gesundes Produkt."
1988 erhielt die Schuhwerkstatt den Papst-Leo-Preis für Verdienste im Sinne der katholischen Soziallehre in der Praxis. Der Preis erinnert an die erste katholische Sozialenzyklika "Rerum novarum", die am 15. Mai 1891 von Papst Leo XIII. veröffentlicht wurde. Sie nahm erstmals aus kirchlicher Sicht das Los der Arbeiter in der Folge der Industrialisierung und deren Rechte in den Blick. Die Enzyklika begründete die Tradition einer systematischen katholischen Soziallehre und war beispielgebend für die Sozialschreiben der nachfolgenden Päpste, zuletzt "Fratelli tutti" von Papst Franziskus aus dem Jahr 2020.
"Unterstützung gemeinsam mit Betroffenen erarbeiten"
So wie damals mit der Gründung der Waldviertler Schuhfabrik - sie ging 1994 an das Unternehmen GEA von Heinrich Staudinger über - Neues ausprobiert wurde, so solle auch das "Reallabor" die Möglichkeit eröffnen, neue Ideen und Zugänge zu erproben, betonte die KABÖ. So müsse etwa gemeinsam mit den Betroffenen erarbeitet werden, welche Unterstützungsangebote sie benötigten. Zudem gelte es, "regionale Bedürfnisse laufend einzubeziehen und gemeinsame Lösungen zu entwickeln"; dazu müsse man auch Gemeinden und regionale Unternehmen als Partner betrachten.
Das Werkzeug "Reallabor" ist von der EU entwickelt worden. Vorausgegangen ist der Initiative ein Symposium im Juni 2022 unter dem Titel "Wege zur sozialen Teilhabe", veranstaltet von der Katholischen Arbeitnehmer:innen-Bewegung Österreichs, den Universitäten Wien und Salzburg, der Arbeiterkammer Niederösterreich und dem Netzwerk Grundeinkommen. Das Projekt wird wissenschaftlich begleitet und evaluiert.
Quelle: Kathpress