Glettler verbindet Herz-Jesu-Fest mit Anliegen für Europa
"Auch für die Zukunft eines gemeinsamen Europas brauchen wir neue Herzensenergie": Mit diesen Worten hat der Innsbrucker Bischof Hermann Glettler das traditionelle Herz-Jesu-Fest anlässlich der EU-Wahl mit Anliegen für Europa verbunden. In einem Gottesdienst am Freitagabend in der Innsbrucker Jesuitenkirche, in dem das Herz-Jesu-Gelöbnis in Tirol zum 228. Mal erneuert wurde, distanzierte er sich von "Hetzern" und deren "ekelhaften Plakaten" und warnte vor dem "schleichenden Gift der Resignation". Sein Appell an die Gläubigen: "Die Vision eines geeinten Kontinents, der das hohe Gut des Friedens verteidigt, dürfen wir nicht aufgeben!"
Die "notwendige Herzensenergie für Europa" verband der Bischof neben Zukunftsmut auch mit Wertschätzung für die religiösen Wurzeln Europas. Sie bildeten gemeinsam mit der Aufklärung das Fundament für die Menschenrechte. Das beinhalte die Sorge um vulnerable Personen und Gruppen wie Menschen mit Beeinträchtigungen, Pflegebedarf und in Care-Berufen Tätige sowie eine Anwaltschaft für Ungeborene. "Alle bioethischen Fragen brauchen eine transparente Meinungsbildung und weniger Ideologie", erklärte Glettler.
Solidarität sei auch mit Asylsuchenden gefordert, denen ein "menschlicher Umgang" zustehe. Glettler sprach sich hier für eine möglichst gerechte Verteilung der Lasten von Aufnahme und Integration aus: "Europa darf in der Frage des Umgangs mit Migranten nicht seine Werte verraten." Entschlossenheit sei auch für eine effektive Klimapolitik gefragt: "Eine zukunftsorientierte Verkehrs- und Energiepolitik ist trotz vieler Rückschläge unaufschiebbar", betonte der Bischof. "Jedes Lavieren in dieser Frage hat verheerende Folgen" und die Umsetzung des Green Deals sei "eine Überlebensfrage".
Für Glettler ist Europa mehr als nur ein Markt, den es wettbewerbsfähig zu erhalten gilt. Die "Seele Europas" müsse genährt werden. Eine spirituelle Antriebskraft dafür könne die gerade in Tirol starke Herz-Jesu-Verehrung sein. Sie beanspruche den ganzen Menschen und sei ein "Dienst an einer Welt, die sich gerade aufgrund der vielen Verwundungen nach heilender Liebe sehnt", so der Bischof wörtlich.
Herz-Jesu-Spiritualität ist auch politisch
"Sie werden auf den schauen, den sie durchbohrt haben" lautet das Motto des diesjährigen Herz-Jesu-Festes. Glettler erinnerte dazu an die Visionen der französischen Ordensfrau Margareta Maria Alacoque im Salesianerinnen-Kloster von Paray Le Monial, die vor 350 Jahren den entscheidenden Impuls für die Herz-Jesu-Spiritualität gaben. Und er stellte in Abrede, dass es sich dabei um "eine sehr gewöhnungsbedürftige Frömmigkeit" handle. Es gehe vielmehr "um den Weg einer kirchlichen Erneuerung im Dienst an einer Welt, die ihr Herz verloren zu haben scheint", zitierte der Bischof Papst Franziskus. Und es gehe auch um ein Herz für Europa.
Das brennende Herz sieht Glettler als zärtliches und zugleich starkes Gottes-Bild. Es stehe für einen Gott, der in seinem Wesen Liebe sei - "nicht ein Egomane, der zürnt und beleidigt seine verheerenden Abrechnungen macht". Die Verehrung des Herzens Jesu mache menschlicher, gütiger, sanftmütiger, rücksichtsvoller, zärtlicher, fröhlicher, selbstbewusster und aufrichtiger, "in wichtigen Fragen unserer Gesellschaft auch entschlossener und konsequenter", so die Überzeugung des Bischofs. "Dem Konglomerat aus Krisen können wir nur gemeinsam - mit Innovationskraft und Gottvertrauen - begegnen", sagte Glettler. "Nationale Egoismen oder Gleichgültigkeit dürfen nicht die Oberhand gewinnen."
Tiroler Landespolitik hochrangig vertreten
An der Herz-Jesu-Gelöbnisfeier und dem damit verbundenen "Tag der Herzlichkeit" in der Jesuitenkirche nahmen auch Landeshauptmann Anton Mattle, die Tiroler Landtagspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann sowie weitere Mitglieder der Landesregierung und des Tiroler Landtages teil.
Das Herz-Jesu-Gelöbnis geht bereits auf das Jahr 1796 zurück, als der Abt des Stiftes Stams das Land Tirol dem "Heiligsten Herzen Jesu" weihte, um göttlichen Beistand im Widerstand gegen die napoleonischen Truppen zu erhalten. Seit 2016 steht der Herz-Jesu-Freitag auch im Zeichen des "Tages der Herzlichkeit", an dem einmal mehr die Dankbarkeit im Mittelpunkt steht. Die Initiative wurde vom Bischof-Stecher-Gedächtnisverein unter dem Motto "Offene Herzen" ins Leben gerufen, um die Kultur der Herzlichkeit, Hilfsbereitschaft und Solidarität in Tirol bei zahlreichen Veranstaltungen und Events zu stärken. Mit dem Benefizkonzert "herzwärts", dessen Erlös Hilfsprojekten des Bischof-Stecher-Gedächtnisvereins zugutekommt, fand der Tag im Congress Innsbruck seinen feierlichen Abschluss.
"Die Tirolerinnen und Tiroler haben ein großes Herz", betonte Mattler. Kaum sonst wo auf der Welt sei der ehrenamtliche Einsatz für die Allgemeinheit, die Kameradschaft und der soziale Zusammenhalt ähnlich stark wie in Tirol. Ledl-Rossmann bezeichnete das Herz-Jesu-Gelöbnis als eine Identität stiftende Tradition. Zugleich sei der Tag auch der Gegenwart und Zukunft gewidmet, "indem wir das solidarische Miteinander in den Fokus rücken. Gemeinsam können wir - auch dank der Kraft unserer Herzen - alles schaffen."
Quelle: kathpress