Wiener "Krippenpfad" lädt zu weihnachtlicher Innenstadttour ein
Die Krippe als kreative Auseinandersetzung mit der Weihnachtsbotschaft übt seit Jahrhunderten eine große Faszination auf Menschen jeden Alters aus. Teil des weihnachtlichen Brauchtums ist der Krippenbesuch in den Wochen nach Weihnachten, im ländlichen Raum auch "Kripperlroas" genannt. Auch in den Kirchen der Wiener Innenstadt finden sich besonders schöne Exemplare, die zu einem weihnachtlichen Stadtrundgang einladen. Stationen des von der Erzdiözese Wien am Dienstag empfohlenen "Krippenpfades" sind der Stephansdom, die Franziskanerkirche, die Annakapelle, die "Kaiserkapelle" der Kapuzinerkirche, die Michaelerkirche, die Kirche am Hof, die Kirche Maria am Gestade, die Jesuitenkirche und die Dominikanerkirche. Die Kirchen sind zwischen 9 Uhr und 17 Uhr geöffnet.
Die Weihnachtskrippe sei deutlich älter als der Christbaum, hieß es in der Aussendung. Jedes einzelne Exemplar spiegle die jeweilige Epoche und Region wider, in der sie entstanden ist. Im Stephansdom befindet sich beim Altar "Maria in der Sonne" eine Tiroler Kirchenkrippe aus dem 19. Jahrhundert, die aus ursprünglich zwei verschiedenen zusammengefügt wurde. Eine besonders schöne Barockkrippe findet man in der Franziskanerkirche im linken Eingangsbereich. Die Kirche am Hof beherbergt im vorderen linken Seitenschiff eine große Landschaftskrippe, wie sie in Kroatien üblich ist. Eine orientalische Krippe befindet sich in der Jesuitenkirche im rechten hinteren Eingangsbereich. Die jüngste Krippe des "Krippenpfades" kann man in der Annakapelle, links vom hinteren Hauptschiff der Annakirche, besichtigen: Der Tiroler Bildhauer Franz Staud hat sie in den 1950er-Jahren in Form eines Flügelaltares gestaltet.
Im 1. Niederösterreichischen Krippenmuseum in Vösendorf ist Weihnachten das ganze Jahr über erlebbar. In liebevoller Kleinarbeit haben begeisterte Krippenkenner eine Sammlung mit Weihnachts- und Passionskrippen aus aller Welt im einzigen Museum dieser Art in Ostösterreich zusammengetragen. Neben den Dauer- und Sonderausstellungen bietet das Museum auch mehrmals im Jahr Krippenbaukurse an. (https://www.krippenverein-voesendorf.at)
Ein Kind der Neuzeit
Die Krippendarstellungen beziehen ihren Inhalt in erster Linie aus dem Bericht des Evangelisten Lukas, der aus der zweiten Hälfte des ersten Jahrhunderts stammt, sowie aus außerbiblischen Traditionen. Erste Fresken mit Szenen der Geburt Jesu findet man in römischen Katakomben im 4. Jahrhundert. Zur gleichen Zeit wird in Rom auch erstmals das Fest der Geburt Jesu gefeiert und verbreitet sich von dort im gesamten Christentum.
Die älteste figürliche Darstellung der Geburtsszene, ähnlich den heutigen Krippen, befindet sich in der Basilika S. Maria Maggiore in Rom und stammt aus dem 13. Jahrhundert. Etwa zur gleichen Zeit soll der Hl. Franziskus in Greccio nördlich von Rom zu Weihnachten 1223 spontan ein "Krippenspiel" inszeniert haben. Ob das tatsächlich der Anfang des späteren Krippenbaus war, bleibt umstritten, zumal ähnliche Spiele schon vor Franziskus bezeugt sind.
Erst am Übergang zur Neuzeit allerdings verbreiteten sich figürliche Krippendarstellungen von Südeuropa aus. Ein wichtiges Zentrum dafür war Neapel. Im Zuge der Gegenreformation waren es vor allem Jesuiten und Franziskaner, die in Zentraleuropa figürliche Darstellungen des neugeborenen Christuskindes und des Weihnachtsgeschehens unter die Leute brachten.
Eine inzwischen vergessene Zäsur stellte das "Krippenverbot" Kaiser Josephs II. von 1782 dar: Nachdem die weihnachtlichen Szenerien im Barockzeitalter immer beliebter geworden waren, wurden diese von der Aufklärung als "lächerlich", "kindisch" und "ärgerlich" bekämpft, wie der Theologe und Historiker Michael Neureiter von der "Stille Nacht Gesellschaft" darlegte. Der Oberaufklärer unter den österreichischen Habsburger-Monarchen verfügte, dass in Kirchen keine Krippen mehr aufgestellt werden durften. Erst 1804, 14 Jahre nach Josephs Tod, wurde sein Verbot wieder aufgehoben. Inzwischen hatte sich der Krippenbau landesweit in private Haushalte verlagert.
Quelle: kathpress