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Kirchliche Statistik
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Krautwaschl: "Haben Glauben und Religion zu sehr verkirchlicht"

Grazer Bischof wendet sich in "Kleine Zeitung"-Interview gegen Kirchgangszahlen als Kriterium für Glauben - Medien allzu fixiert auf Themen wie Missbrauch und Zölibat - Bischof Marketz in Kärntner "Kleine Zeitung" zu Asyl: "Für mich zählt Mensch mehr als Religion"

25.12.2022

"Wir haben Glauben und Religion zu sehr verkirchlicht": Mit diesen Worten wandte sich der Grazer Bischof Wilhelm Krautwaschl gegen die Auffassung, dass man den Glauben am Kirchgang messen kann - auch wenn der Gottesdienstbesuch gerade zu Weihnachten beachtlich sei: "Wenn ich zusammenzähle, wie viele Leute in die Kirche gehen, dann liegen wir nicht schlecht", so Krautwaschl im Interview der "Kleinen Zeitung" (25. Dezember). Dennoch dürfe Glaube nicht verengt gesehen werden, so der Bischof: "Um heute ein Kind in die Welt zu setzen, braucht es auch viel Glauben, nicht unbedingt kirchlichen."

 

Die Frage, warum die Kirche so "achselzuckend mit dem Mitgliederschwund umgehe, nannte Krautwaschl berechtigt: "Aber ich stelle eine Gegenfrage. Wieso denkt man immer nur an die Mitgliederzahl?" Sein Bischofskollege Heinrich Timmerevers in Dresden, wo nur zweieinhalb Prozent der Bevölkerung Katholiken sind, habe einmal gesagt: "Ich sehe Gott beim Wachstum zu." Hierzulande sei Gegenteil erlebbar, nahm der Bischof auch Bezug auf seine eigene Familie. "Gott ist heute für viele ein Fremdwort geworden." Manche Leute könnten "überhaupt nichts mehr mit Religion anfangen". Es herrsche sogar Unkenntnis darüber, dass alle Christen Weihnachten feiern, nicht nur die Katholiken. Dass zwei obersteirische Schulen statt der Adventfeier ein "ethisches Ritual" feiern wollten, verstehe er nicht. "Weihnachten ist nichts Ethisches", verwies Krautwaschl auf den Transzendenzcharakter des Festes.

 

Wie viel "Macht" hat die Kirche?

 

Der steirische Bischof stellte seinen Interviewern die kritische Gegenfrage, ob die Medien durch Fokussierung auf "immer nur gewisse Themen" wie Missbrauch oder Zölibat nicht eine Engführung fördern: "Es wird nur mehr darüber geredet." Ein indischer Kardinal habe - so Krautwaschl - einmal zu ihm gesagt: "Ihnen in Europa schwindet die Macht. Wir haben keine Macht, aber was wir tun, hat Einfluss." Das Jesuskind in der Krippe, umgeben von Kleinkriminellen (den damals gesellschaftlich anrüchigen Hirten, Anm.), sei nicht gerade ein Machtbeweis. Aber positiven Einfluss übe auch die Kirche hierzulande aus: "Wir können gerade jetzt Hoffnung geben und Zuversicht", so Krautwaschl. "Aber das geschieht auf einer anderen Ebene als nach dem Zweiten Weltkrieg, als die Leute uns hinter den Bannern nachgegangen sind" und die Volkskirche eine neue Blüte erlebte. "In vielen Bereichen kommen wir nicht mehr durch", bedauerte der Bischof.

 

Zustimmend äußerte sich Krautwaschl über das seit damals gewandelte Verständnis von Kirche, "das Taufpriestertum ernst nimmt und wo jeder sich selbst als Kirche versteht ... Kirche ist nicht nur dort, wo ein Geweihter ist." Und er als Bischof stehe nicht allein für die christliche Überzeugung ein, "dass es einen Urgrund gibt, von dem wir herkommen: Jesus Christus". Zum Thema Weiheamt erinnerte Krautwaschl daran, "dass wir uns die Kirche nicht selber machen. Sie ist ein Geschenk Gottes". Als Bischof verstehe er seine Stellung als Hirte unterschiedlich: "einmal hinten, dann mittendrin zu gehen und auch voranzuschreiten. Nicht weil ich der Chef bin, sondern weil wir gemeinsam auf Jesus ausgerichtet sind."

 

Pro und contra Frauenweihe

 

Zum Frauenpriestertum erklärte Krautwaschl, "dass es die anglikanische Kirche in dieser Frage fast zerreißt". Auch Orthodoxe hätten für den Fall einer katholischen Frauenordination angekündigt, "dass es mit der Ökumene dann vorbei wäre". Man müsse diese Stimmen ernst nehmen und "darf die eigenen Vorstellungen nicht für das Alleinseligmachende halten", betonte Krautwaschl. Als Grund gegen die Weihe von Frauen verwies er auf den Papst und dessen Argument von der Geschichte der Kirche. Krautwaschl nannte auf Nachfrage aber auch Gründe für eine Änderung der Zulassungsbestimmungen zum kirchlichen Amt, nämlich "dass wir jeden Tag beim Angelus beten: Und das Wort ist Fleisch geworden. Es heißt nicht Mann oder Frau, sondern Fleisch." Er sei "nicht der, der die Kirche macht", so Krautwaschl. "Ich selber kann mir alles Mögliche vorstellen."

 

Dass der Papst mit dem synodalen Prozess Erwartungen geschürt habe, die zwangsläufig mit Enttäuschung enden müssen, erwarte der Grazer Bischof nicht. "Da vertraue ich ganz auf den Heiligen Geist."

 

Marketz befürchtet "tiefere Gräben" durch Wahl

 

Auf die Glaubwürdigkeit der Kirche in der aktuellen Krisenzeit ging der Gurker Bischof Josef Marketz ein, der der "Kleinen Zeitung" (Kärnten-Ausgabe) am Christtag ebenfalls ein Interview gab. Auf die Frage, ob Nächstenliebe, Mitmenschlichkeit und Solidarität in der Gesellschaft erodieren, wenn sich Krisen auftun, wies Marketz auf unterschiedliche Reaktionen hin: Nach den verheerenden Unwettern in Kärntner Gemeinden habe es enorm viel Solidarität gegeben. Im Hinblick auf die für 5. März 2023 geplanten Landtagswahlen in Kärnten befürchte er, "dass sich einzelne Gruppen extrem gegen andere stellen und es tiefere Gräben gibt".

 

Zum Thema Aufnahme von Geflohenen, bei der das Land Kärnten säumig in Bezug auf Quartierbereitstellung ist, sagte der Bischof, es gebe "nicht wenige Pfarren, in denen Flüchtlinge wohnen. Wir bieten dem Land Gebäude als Asylquartiere an, wir machen das nicht öffentlich". Auch er als Bischof halte sich mit Äußerungen zurück: "Ich will nicht andere anschwärzen, will Menschen zu nichts zwingen, sondern ich will sie vielmehr dafür gewinnen, es zu tun." Das Jahr 2015 habe gezeigt: "Wenn's drauf ankommt, dann erweicht das Herz der Menschen." Es gibt in Österreich auch Stimmen, die meinen, dass es noch mehr Menschen anlockt, wenn es den Flüchtlingen hier gut geht. "Ich sehe es so, dass jeder Mensch das Anrecht auf Wohlfühlen und auf Glück hat", so Marketz.

 

Er habe auch keine Sorge wegen der Integration von Nichtchristen und den Auswirkungen auf die christliche Kultur: "Für mich zählt der Mensch mehr als die Religion." Manchmal könne er jedoch nur schwer verstehen, warum die Leute, die bleiben wollen, nicht schneller Teil der heimischen Kultur werden wollen und trotzdem ihre Kultur weiter wertschätzen. "Als Kärntner Slowene weiß ich: Man kann beides."

 

 

Quelle: kathpress

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