Caritas zur Mietpreis-Debatte: Steigende Mieten existenzbedrohend
Der Wiener Caritasdirektor Klaus Schwertner warnt vor "Politbremsen in der aktuellen Mietpreis-Debatte". Die Zeit für Lösungen werde knapp. "Wer ernsthaft glaubt, in der aktuell kritischen Situation wären politische Kuhhandel angebracht, verkennt, wie hoch der finanzielle Druck für viele Menschen bereits heute ist", warnte Schwertner in einer Aussendung am Montag. Die steigende Mieten seien für immer mehr Menschen existenzbedrohend.
Schwertner verwies etwa auf 11.000 Beratungsgespräche, die im vergangenen Jahr allein in der Caritas-Sozialberatungsstelle in Wien geführt wurden: "Der Großteil der Hilfe suchenden Menschen muss bereits mehr als 50 Prozent des verfügbaren Einkommens für Miet- und Energiekosten aufbringen. Kein anderes Thema beschäftigt die Menschen mehr als das Problem nicht leistbarer Mieten und Energiekosten. Wenn die Politik hier nicht rasch zusätzliche Maßnahmen setzt, wird sich diese Situation in naher Zukunft weiter verschärfen."
Delogierungen um 20 Prozent gestiegen
Mit Verweis auf die mit 1. April drohende Erhöhung von Richtwertmieten um weitere 8,6 Prozent - österreichweit wären 375.000 Mietwohnungen betroffen - betonte Schwertner: "Die Mieten wurden im Vorjahr zum Teil bereits mehrfach angehoben - für viele Menschen wäre die Mieterhöhung im April die eine Erhöhung zu viel." Die Zahl der Delogierungen sei bereits im vergangenen Jahr um knapp 20 Prozent gestiegen. Und die Caritas verzeichne in Wien schon jetzt eine signifikante Zunahme bei jenen Menschen, die eine vorübergehende oder längerfristige Unterbringung benötigten.
Die Hilfsorganisation erkenne zwar laut Schwertner die Unterstützungsleistungen, die die Bundesregierung und auch die Länder in den vergangenen Wochen und Monaten bereits auf den Weg gebracht haben an - Wohnschirm, Energiesparberatung und Einmalzahlungen. Doch: "Wer einen Anstieg von Armut und Wohnungslosigkeit verhindern will, wird jetzt strukturelle und vor allem auch langfristig wirksame Entlastungen auf den Weg bringen müssen", so der Caritasdirektor.
Caritas fordert eine Reform des Mietrechts
Konkret forderte Schwertner, die bereits seit mehr als zehn Jahren versprochene und auch von dieser Regierung im Koalitionspapier festgeschriebene Mietrechtsreform umzusetzen: "Wir laden die Bundesregierung zum Auftakt von Verhandlungen dieser Mietrechtsreform gerne in eine Sozialberatungsstelle der Caritas ein, jene Orte, die als gesellschaftliche Seismografen seit Monaten registrieren, wie groß der Druck für viele Menschen geworden ist."
Schwertner verwies auf die Vorschläge von Wifo und Fiskalrat, wie eine Erhöhung der Mieten ab April um 8,6 Prozent verhindert werden könnte. "Wohnen muss für armutsbetroffene Menschen leistbar bleiben. Es braucht darüber hinaus auch ein Aus für befristete Mietverträge und einen bevorzugten Zugang zu leistbaren Wohnraum für wohnungslose Menschen."
Einmal mehr erinnerte Schwertner auch an die längst überfällige Reform der Sozialhilfe Neu: "Die Sozialhilfe ist nicht mehr armutsfest. Wir brauchen bundesweit einheitliche Kinderrichtsätze, eine Übernahme der tatsächlichen Wohnkosten ohne Abzug anderer Sozialleistungen - etwa der Wohnbeihilfe. Und wir benötigen die Wiedereinführung von Mindeststandards anstatt eines Deckels." Die Bundesregierung habe sich selbst das Ziel im Regierungsprogramm gesetzt, die Armut in Österreich zu halbieren. Eine Mietrechtsreform und die Reform der Sozialhilfe "sind hier wichtige Hebel, um dieses Ziel auch zu erreichen", betonte der Wiener Caritasdirektor.
Caritas bittet um Wohnraumspenden
Um armutsbetroffene Menschen vor Obdachlosigkeit zu bewahren, bittet die Caritas um Wohnraumspenden. Darunter versteht sie Wohnungen, die kostengünstig etwa in der Höhe der anfallenden Betriebskosten und längerfristig zur Verfügung gestellt werden können. Allein im Vorjahr konnten auf dem Gebiet der Erzdiözese Wien so mehr als 1.000 Menschen auf diese Weise mit einem Dach über dem Kopf versorgt werden. Menschen, die auf diese Weise Hilfe leisten möchten, können sich an immo-wohnungen@caritas-wien.at wenden.
Quelle: kathpress