Nachlass von Ordensgründerin Ledochowska wird digitalisiert
Die Zeugnisse des vielseitigen Schaffens der seligen Ordensgründerin Sr. Maria Theresia Ledochowska (1863-1922) sollen für künftige Generationen aufbereitet werden: Derzeit werden über 2.000 Glas-Lichtbilder aus Missionsländern, welche die österreichische Ordensfrau bei ihren Vorträgen in ganz Europa verwendete, digitalisiert, berichtete die Oberin der von Ledochowska gegründeten Missionsschwestern des Hl. Petrus Claver, Sr. Ursula Lorek, am Mittwoch beim Kulturtag der Orden im Wiener Kardinal-König-Haus. Aufgrund krankheitsbedingter Abwesenheit wurde das Referat von der Ökonomin des Ordens, Sr. Jeanine van Ooteghem, vorgetragen.
Ledochowska war eine der wichtigsten Vorkämpferinnen gegen die Sklaverei aus den Reihen der katholischen Kirche, indem sie von Österreich und später Rom aus Unterstützung für in Afrika tätige Missionare mobilisierte und über ihr Wirken informierte. Einen großen Teil ihres Wirkens verbrachte die Ordensfrau aus adeligem Hause mit Vortragstätigkeit. Dabei nutzte sie ein für ihre Zeit äußerst fortschrittliches "multimediales Marketing-Konzept", erklärte Lorek: Neben mündlichen Vorträgen und Druckschriften - Ledochowska war Herausgeberin mehrerer Missionszeitschriften - nutzte sie auch visuelle Medien und Lichtbilder aus Afrika, die sie von den Missionaren ständig anforderte.
Bis heute bewahrt das Salzburger Missionshaus Maria Sorg den Bildprojektor, mit dem Ledochowska - eine "äußerst moderne Frau für diese Zeit" - auf Reisen nach Italien, Deutschland, Belgien, Holland, Frankreich, die Schweiz, Polen und Böhmen ging, erklärte Sr. Van Ooteghem im Frageteil des Vortrags. Die Selige habe kleine Filme über die Missionsländer erstellen lassen und in jeder Niederlassung ihrer Kongregation eine ethnografische Wanderausstellung oder ein afrikanisches Museum eingerichtet. Auch viele der tausenden Briefe, welche sie den Missionaren verschiedener Kongregationen geschrieben und von ihnen erhalten habe, seien bis heute wertvolle Zeitdokumente. Aufgrund der regen Korrespondenz sei sie von vielen als "Mutter Afrikas" gesehen worden, ohne je selbst dort gewesen zu sein.
Sklaven-Befreiung als Lebensthema
Die aus Loosdorf bei Melk stammende Gräfin Ledochowska wirkte in ihrer Jugend zunächst als Hofdame für die toskanischen Habsburger in der Salzburger Residenz. Von einem Bericht über den hl. Petrus Claver war sie so berührt, dass sie abrupt ihr Leben änderte. Der Heilige hatte im 17. Jahrhundert afrikanischen Sklaven geholfen, die nach Südamerika verschleppt worden waren. Nach ihrem "Bekehrungserlebnis" wirkte Ledochowska selbst für die Befreiung der Menschen Afrikas. Zuerst schriftstellerisch: Sie verfasste Theaterstücke, führte regen Briefwechsel mit Missionaren aus Afrika und gab auf dieser Basis ab 1890 die Zeitschrift "Echo aus Afrika" heraus. Eng arbeitete sie dabei mit dem algerischen Kardinal Charles-Martial Lavigerie, Gründer der Ordensgemeinschaft "Weiße Väter", zusammen.
Mit Mitstreiterinnen begründete Ledochowska schließlich die Laienvereinigung "St. Petrus Claver Sodalität", die 1894 die päpstliche Approbation erhielt und 1897 zur Ordensfamilie diözesanen Rechts wurde. Europaweit gab sie Impulse zur Gründung mehrerer Druckereien, ethnografischer Museen und religiöser Unterstützerkreise. In der Druckerei ihres Missionshaus Maria Sorg bei Bergheim (Salzburg) wurden neben Zeitschriften auch Gebets- und Gesangbücher, Katechismen und biblische Geschichten in den einheimischen Sprachen Afrikas gedruckt, sowie Wörter- und Grammatikbücher für Missionare. Ab 1900 versandten die Schwestern Bücher in großen Kisten nach Afrika, und bis zum Zweiten Weltkrieg war die Druckerei auf Hochtouren in Betrieb.
Nach Ledochowskas Tod breitete sich die Kongregation auf alle Kontinente aus, 1928 nach Nord- und Südamerika, 1929 nach Australien, 1955 nach Afrika und 1972 nach Indien. Seit 1975 ist die Ordensgründerin eine Selige der katholischen Kirche, 2022 wurde ihr 100. Todestag mit einem großen Jubiläum gefeiert. Die rund 300 Schwestern, die heute in den 44 Gemeinschaften der Kongregation in 24 Ländern auf allen fünf Kontinenten leben, tragen das Charisma ihrer Gründerin weiter. Sechs Missionarinnen vom hl. Petrus Claver leben in Maria Sorg und geben immer noch drei Missionszeitschriften - darunter auch, mit inzwischen erweitertem Namen "Echo aus Afrika und anderen Erdteilen" - heraus. Weiterhin erhalte das Missionssekretariat in Rom rund 2.000 Gesuche aus den Missionen, von denen 80 Prozent gutgeheißen werden.
Die Mission habe nichts von ihrer Aktualität verloren und bleibe "wesentlich", betonte die Ordensökonomin Sr. Van Ooteghem bei dem Vortrag. "Alle Kulturen suchen nach den Antworten auf die drei Lebensfragen 'Woher kommen wir?', 'Warum sind wir hier?' und 'Wohin gehen wir?'." Die Frohbotschaft des Evangeliums müsse "Befreiung bringen", was kein romantischer Auftrag sei. "Auch heute leben viele Menschen in Angst, sind gefangen von Aberglaube und schwarzer Magie oder fühlen sich bedrängt" - was nicht mit einem christlichen Gottesbild vereinbar sei. Bleibender Auftrag sei, "unsere Kultur und sogar Subkultur zu evangelisieren", erst recht in Europa angesichts eines verschwundenen Glaubens. Viele Schwestern ihres Ordens seien heute daher auch in der Katechese von Kindern tätig.
Quelle: kathpress