Bischof Kräutler bei Papst Franziskus
Der austro-brasilianische Bischof Erwin Kräutler wird gegen Ende der Woche von Papst Franziskus in Sonderaudienz empfangen, um diesen aus erster Hand über die Bedrohung der Indios und des Regenwaldes in Amazonien zu informieren. Das berichten die "Salzburger Nachrichten" (SN) in ihrer Dienstag-Ausgabe.
Demnach will Bischof Kräutler Papst Franziskus vor allem die dramatischen Folgen des Megakraftwerks Belo Monte aufzeigen. Der Staudamm wird eine große Schleife des Xingu trockenlegen. Gleichzeitig wird der Stausee dieses drittgrößten Wasserkraftwerks der Welt ein Drittel der Provinz- und Bischofsstadt Altamira überfluten. Bis zu 40.000 Bewohner der flussnahen Zone verlieren ihre Häuser. Einem Großteil wird auch die Lebensgrundlage als Fischer entzogen. Massive Kritik hatte Kräutler auch immer wieder an der heimischen Andritz AG geübt, die Generatoren für Belo Monte liefert.
Die Ersatzquartiere für die rund 8.000 betroffenen Familien sind als dicht aneinandergebaute Reihenhaussiedlungen angelegt. Für die Fertigteilhäuser mit neun Zentimeter dünnen Betonmauern gibt die Kraftwerksgesellschaft nur fünf Jahre Garantie - wissend, dass die hohe Luftfeuchtigkeit den Beton im Gegensatz zu den ortsüblichen Baumaterialien Holz oder Ziegel bald angreifen wird.
"Dieser ganze Eingriff in die Natur und in die Lebensgrundlagen Zehntausender Menschen ist umweltpolitisch, sozialpolitisch und rechtlich ein Desaster", zitieren die SN Bischof Erwin Kräutler. "Die brasilianischen Umweltbehörden haben Dutzende Prozesse gegen dieses Kraftwerk angestrengt und die meisten auch in der ersten Instanz gewonnen. Aber der Oberste Gerichtshof in Brasilia hat alle diese Verfahren niedergeschlagen."
Kräutler beaklgte, dass beinahe 20 Prozent des Regenwalds in Amazonien bereits durch Brandrodung, landwirtschaftliche Nutzung und Wasserkraftwerke zerstört seien: "Nach Ansicht namhafter Wissenschafter in Brasilien ist damit der Punkt erreicht, an dem das Ökosystem Regenwald kippen kann."
Doch ein Ende des Raubbaus sei nicht abzusehen. Die Präfektur eines Bezirks an der Transamazonica im Bundesstaat Para habe an der Straße unweit der Bischofsstadt Altamira ein vielsagendes Denkmal errichtet. Auf der Tafel stehe: "Wir betreiben die Conquista und die Kolonisation dieser grünen Erde". Als Europäer traue man seinen Augen nicht, so Kräutler. Denn mehr als 500 Jahre nachdem mit Kolumbus die Unterwerfung Amerikas begonnen hat, würden "Conquista" und "Kolonisation" in europäischen Geschichtsbüchern als gewaltsamer Prozess der Unterdrückung und Ausbeutung gelten.
Das Schwellenland Brasilien sehe dagegen in der Unterwerfung "der grünen Erde" ein bloß wirtschaftliches Projekt. Doch wenn der Regenwald gestorben sei, habe dies verheerende Auswirkungen nicht nur in Südamerika, sondern auf die Erde insgesamt.