"Ein Blick ins Weltgeschichte-Album"
Die Heiligsprechungen von Johannes Paul II. und Johannes XXIII. sind nicht nur ein "Blick ins Familienalbum der Weltkirche sondern auch ein Blick ins Familienalbum der Weltgeschichte". Das betonte der Wiener Pastoraltheologe, Paul Michael Zulehner, der die ORF-Sondersendung zur Heiligsprechung der beiden Päpste kommentierte. Zulehner wies vor allem auf Johannes XXIII. und dessen Rolle bei der Überwindung der Kuba-Krise und den Beitrag von Johannes Paul II. zum Fall des eisernen Vorhangs hin.
Johannes XXIII. sei auch der "Papst der Herzen" gewesen, "der das Risiko eingegangen ist, nicht die traditionelle Geschichte der Kirche einfach fortzuschreiben". Er habe diese mit der Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils vielmehr auf eine neue moderne Welt vorbereiten wollen. Johannes Paul II. sei ein stückweit der "Papst der Globalisierung" gewesen. Kein Papst vor ihm sei soviel gereist, habe soviel Gläubige heilig gesprochen und Enzykliken geschrieben, so Zulehner.
Aber auch die kritischen Anfragen an die beiden Päpste - für Johannes Paul II. sei das vor allem seine Einstellung zur Frauenfrage und der Befreiungstheologie gewesen - wurden in ihrer Heiligsprechung mitgemeint. Die beiden Päpste seien mit all ihren Schwächen und Fehlern heilig gesprochen worden, so Zulehner. Das schmälere aber nicht ihre weltkirchliche und weltpolitische Bedeutung.
Der Österreicher Fanz Xaver Brandmayr, Direktor des römischen Priesterseminars Anima, hob in einem ORF-Interview am Rande der Heiligsprechung Johannes Paul II. als "große politische Persönlichkeit" hervor. Er habe dem Papsttum ein politisches Gewicht gegeben, das es seit der Französischen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts nicht mehr gehabt habe, so Brandmayr. Aus einer tiefen Erfahrung des Glaubens habe sich der frühere Papst gegen menschenverachtende Diktaturen gestellt und diese Erfahrung "in die Welt hinausgetragen". Johannes Paul II. habe es außerdem verstanden, Menschen direkt anzusprechen.
Johannes XXIII. sei für ihn eine "väterliche Figur der Liebenswürdigkeit" gewesen. Er habe mit der Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils aber auch einen Aufbruch in der Kirche bewirkt und die Tore "weit aufgetan".
Quelle: Kathpress