Theologe Tück bekräftigt Papst-Worte
Im Streit um die jüngsten Papst-Aussagen zu den Massakern des Osmanischen Reiches 1915 an den Armeniern hat sich der Wiener Theologe Jan-Heiner Tück dezidiert hinter Papst Franziskus gestellt: "Es ist gut, dass der Papst den Mord an den Armeniern als das benennt, was er war: ein Genozid. Denn ohne Anerkennung der historischen Wahrheit gibt es keine Heilung der Wunden", schreibt Tück in der "Neuen Zürcher Zeitung" (Mittwoch). Und ohne eine Heilung der Wunden gebe es auch keine Versöhnung - und "ohne Versöhnung kein Friede", so die Schlussfolgerung des Theologen.
Franziskus habe mit seinen klaren Worten, dass es sich um "den ersten Genozid des 20. Jahrhunderts" gehandelt habe, nicht etwa eine Minderheitenposition öffentlich gemacht, sondern etwas gesagt, "was viele Historiker schon lange sagen": nämlich dass das Osmanische Reich 1915 "eine systematische Politik der Vertreibung und Auslöschung der armenisch-christlichen Bevölkerung betrieben hat". Den Grund dafür, dass die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reiches diese "Hypothek" bis heute nicht anerkannt hat, sieht Tück in einem "problematischen Begriff der 'nationalen Ehre'". Selbst in türkischen Schulbüchern werde der Völkermord bis heute geleugnet, woraufhin im vergangenen Herbst über 100 türkische Intellektuelle eine Überarbeitung der Geschichtsbücher gefordert hätten.
Solchen kritischen Stimmen auch innerhalb der Türkei gebe der Papst mit seiner Äußerung nun "Rückendeckung", wenn er sich "anders als manche westliche Regierung von den Imperativen der offiziellen türkischen Gedächtnispolitik nicht beeindrucken lässt" und sich weigert, "die Würde der Opfer durch Kaschierung der Gräuel ein weiteres Mal zu verletzen.