Caritas fordert Antwort auf Flüchtlingsnot
Die derzeit in Wien tagende Westbalkan-Konferenz muss auch Lösungen aufzeigen, um das Leid der Flüchtlinge zu lindern, die derzeit über den Balkan in die EU zu gelangen suchen. Das hat Caritas Österreich-Auslandshilfechef Christoph Schweifer im "Kathpress"-Gespräch am Rande der Tagung betont. Auf dem Balkan spiele sich derzeit eine menschliche Katastrophe ab, auf die man nur mit humanitärer Hilfe reagieren könne, so Schweifer: "Menschen, auch wenn sie auf der Flucht sind, müssen zu essen und zu trinken bekommen und mit Hygieneartikeln versorgt werden. Kinder brauchen einen Platz zum Schlafen. Hier erwarten wir uns auch auf dieser Konferenz eine europäische Antwort auf diese Herausforderung."
Der Westbalkan ist für Flüchtlinge zu einer Durchgangsroute für Flüchtlinge aus der Nahost-Region geworden, die von Griechenland weiter über Mazedonien und Serbien nach Ungarn und schließlich in Zielländer wie Deutschland, Österreich oder andere west- und nordeuropäische Staaten wollen. Laut EU-Grenzschutzagentur Frontex reisten heuer im ersten Halbjahr 102.000 Migranten allein über den Balkan in die EU ein. Im Vorjahreszeitraum waren es nur 8.000. Ungarn baut einen Grenzzaun, der die Route blockieren soll.
Wie Schweifer sagte, bemüht sich die Caritas Österreich in Serbien, Mazedonien und Griechenland um die Versorgung der Flüchtlinge mit Lebensmitteln, aber beispielsweise auch mit der Errichtung von Toiletten. Die heimische Caritas arbeite eng mit den lokalen Caritas-Organisationen zusammen, ebenso mit den Hilfsorganisationen der orthodoxen Kirche, so Schweifer.
In Wien tagen am Donnerstag die Ministerpräsidenten der sechs Westbalkan-Staaten, die sich der EU annähern: Serbien, Bosnien, Montenegro, Mazedonien, Albanien und Kosovo. Parallel dazu tagen die Außen- und Wirtschaftsminister. Die EU ist u.a. durch die Außenbeauftragte Federica Mogherini und Erweiterungskommissar Johannes Hahn vertreten. Auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die im Vorjahr eine erste derartige Westbalkan-Konferenz in Berlin ausgerichtet hatte, ist gekommen.
Asyl: Europaweite Lösung gefordert
Bundeskanzler Werner Faymann forderte in seiner Eröffnungsrede eine "faire Verteilung" von Asylsuchenden via verpflichtender Aufnahmequoten sowie eine gemeinsame Sicherung der EU-Außengrenzen, wie die APA berichtete. Ohne diese "werden wir diese Herausforderung nicht lösen können", erklärte Faymann. Scharf verurteilte er Schlepper, die am Leid von Flüchtlingen verdienen. Auch gegen sie anzukämpfen sei eine "gemeinsame Pflicht".
Auch Außenminister Sebastian Kurz und sein deutscher Amtskollege Frank-Walter Steinmeier nutzten die Gelegenheit, um einmal mehr eine solidarische Verteilung von Flüchtlingen in Europa zu fordern. Man wolle die Konferenz auch nutzen, "um den Fokus der EU mehr auf die Westbalkanroute zu legen", betonte Kurz.
Sowohl Steinmeier als auch EU-Erweiterungskommissar Johannes Hahn wiederholten ihr Versprechen, die Transitländer Serbien und Mazedonien zu unterstützen. Aus EU-Mitteln sollen jeweils 1,5 Millionen Euro fließen, Deutschland stellt eine Million zur Verfügung.
Dieses Geld diene zur Verbesserung der Aufnahmekapazitäten und der humanitären Standards, erklärte Steinmeier, sei aber auch mit "Verpflichtungen" verbunden. Jedenfalls könne es nicht sein, "dass EU-Beitrittskandidaten gleichzeitig Verfolgerstaaten sein können", sagte er vor dem Hintergrund der innerdeutschen Diskussion über eine Einstufung aller Westbalkanstaaten als "sichere Herkunftsländer", in die Asylsuchende besonders schnell zurückgeschoben werden können. Österreich hat bereits alle Staaten der Regionen als "sicher" eingestuft, auch die EU-Kommission will in wenigen Tagen eine Liste sicherer Herkunftsstaaten vorlegen.
Kein Verständnis zeigte der serbische Außenminister Ivica Dacic für den von Ungarn an der Landesgrenze zu Serbien errichteten Zaun, der Flüchtlinge an der Einreise hindern soll. Gegen den umstrittenen Eisenzaun sprach sich auch Steinmeier aus: "Wir sind keine Verfechter von Grenzzäunen", erklärte er. Außenminister Kurz hatte zuvor bedingt Verständnis für die Maßnahme der ungarischen Regierung gezeigt: "Wenn wir nicht schnell eine gesamteuropäische Lösung finden, müssen wir damit rechnen, dass immer mehr Staaten solche Einzelmaßnahmen setzen."