Frauen sind im Vatikan im Aufwind
Frauen sind auch im männerdominierten Vatikan im Aufwind: In den vergangenen 40 Jahren habe ihre Bedeutung im Kirchenstaat deutlich zugenommen, die Anzahl dort arbeitender Frauen sei auf etwa 700 - ein Fünftel aller Beschäftigten - gestiegen, von denen immer mehr auch Leitungspositionen innehaben. Das geht aus der aktuellen Ausgabe der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" hervor, die ihre Serie "Vatikan kompakt" diesmal der Frage "Gleichberechtigt im Vatikan?" widmet. Immer mehr Frauen hätten eine theologische Bildung und brächten "ergänzende Sichtweisen" ein, sagte Gudrun Sailer, Redakteurin bei "Radio Vatikan" und Buchautorin ("Frauen im Vatikan"), im "Sonntag"-Interview. Ihre Einschätzung: "Auf Frauen zu verzichten, kann sich der Papst immer weniger leisten."
"Frau weiß, dass sie nur bis zu einem bestimmten Punkt gelangen kann. Das schenkt Gelassenheit", schränkte die aus Österreich stammende Journalistin ein. Mit der Besetzung hochrangiger Vatikanposten durch Frauen ist Sailer jedoch noch unzufrieden: An Stellen mit viel Verantwortung seien "Priester noch überrepräsentiert, auch dort, wo die Weihe nicht nötig wäre". Doch in den nächsten Jahren werde die weibliche Präsenz im mit 0,44 Quadratkilometern und nur rund 850 ständigen Bewohnern kleinsten Staat der Welt steigen: "Bischöfe und Ordensobere tun sich schwer, fähige Priester zum Dienst in Rom abzustellen", sagte Sailer. "Das ist die Stunde der Laien."
Bereits unter Johannes Paul II. habe es im Vatikan eine "Wende" hinsichtlich der Karrierechancen von Frauen gegeben. Seit dem Pontifikat des polnischen Papstes gebe es etwa Präsidentinnen Päpstlicher Akademien und mittlerweile die zweite "Staatsministerin", wies Sailer hin. Johannes Paul II. startete laut "Der Sonntag" 2003 eine kleine "Revolution", indem er Letizia Ermini Pani zur Präsidentin der Päpstlichen Akademie für Archäologie berief. Kurz darauf wurde die Soziologin Schwester Enrica Rosanna Untersekretärin der Ordenskongregation, eine Position, die mit dem Amt eines Staatssekretärs in einer weltlichen Regierung vergleichbar sei. Die Ordensfrau wurde damit zur ersten Chefin von Priestern im Vatikan.
Auch Frauen bestiegen "Karriereleiter"
Bestimmte Leitungsaufgaben seien zwar weiter Priestern vorbehalten, aber Frauen könnten einige "Karriereleiter" besteigen: So werden das Vatikanische Filmarchiv oder das Archiv der Dombauhütte von St. Peter von Frauen geleitet, man findet Frauen in verschiedensten Kongregationen oder in der Internationalen Theologischen Kommission. Auch die deutschsprachige Ausgabe der Vatikanzeitung "L'Osservatore Romano" ist in weiblicher Hand: Seit 2008 ist die Österreicherin Astrid Haas Chefredakteurin.
Diesbezügliche Veränderungen begannen laut Recherche des "Sonntag" bereits Ende der 1960er Jahre, als neben Priestern auch immer mehr Laien mit Aufgaben betraut wurden. Frauen seien freilich "eher als Helferinnen im Haushalt oder bei niederen Diensten" anzutreffen gewesen. Rosemary Goldie, die 1967 von Papst Paul VI. zur Untersekretärin im Päpstlichen Rat für die Laien berufen und damit erste Frau in einer Leitungsposition im Vatikan wurde, sei eine Ausnahme gewesen. Mittlerweile hätten die Mehrzahl der im Vatikan angestellten Frauen Jobs mit weitreichenden Kompetenzen im mittleren und höheren Gehaltsbereich. Dabei sei der Vatikan einer der wenigen Orte, wo unabhängig vom Geschlecht gelte: "Gleiches Gehalt für gleiche Arbeit". Abschließender Hinweis des "Sonntag": Der Putztrupp im Petersdom besteht heute überwiegend aus Männern.