Jahreschronik 2015 - November
4. November
Zwei neue Bücher der italienischen Enthüllungsjournalisten Gianluigi Nuzzi und Emiliano Fittipaldi über Misswirtschaft im Vatikan und Widerstände der Kurie gegen Papst Franziskus sorgen für internationales Aufsehen. Veröffentlicht werden darin auch vertrauliche Unterlagen und ein geheimer Audiomitschnitt, auf dem der Papst zu hören ist. Ein ranghoher vatikanischer Geistlicher, sein ehemaliger Mitarbeiter und eine italienische PR-Fachfrau sollen den Journalisten die interne Dokumente zugespielt haben. Ende November eröffnet der Vatikan in der Causa einen Strafprozess gegen die fünf Beteiligten wegen Geheimnisverrat.
6. November
Nach zweijähriger Debatte beschließt der deutsche Bundestag ein Gesetz, das geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung unter Strafe stellt. Nahestehende Personen sind aber von der Strafandrohung ausgenommen. Die Spitzenvertreter der katholischen und der evangelischen Kirchen loben das Gesetz als "starkes Zeichen für den Lebensschutz und die Zukunft unserer Gesellschaft und ihren Zusammenhalt".
11. November
Das traditionelle Martinsfest in Eisenstadt ist heuer zugleich der Startschuss für das Jubiläumsjahr "1.700 Jahre Martin von Tours", das in der burgenländischen Diözese und in vielen anderen Ortskirchen der Welt begangen wird.
13. November
"Wer Österreich liebt, spaltet es nicht." Mit diesem Appell wenden sich die österreichischen Bischöfe zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung an Politik und Zivilgesellschaft und mahnen konstruktive Lösungen zur Bewältigung der Flüchtlingskrise ein. Aufgezeigt wird auch das kirchliche Engagement im Flüchtlingsbereich: Statistisch wird jeder dritte Asylwerber in Österreich (21.000 Menschen) von der Caritas betreut. Möglich sei dieses große Engagement auch durch die Unterstützung von Klöstern, Ordensgemeinschaften, Pfarren und Diözesen, wird betont. Weitere Hauptthemen bei der Vollversammlung im Salzburger Stift Michaelbeuern sind die Ergebnisse der Familiensynode und die Papstenzyklika "Laudato si". Bis 2017 sollen alle Diözesen eine Klimaschutz- und Energiestrategie und dazugehörige Umsetzungspläne erarbeiten.
13. November
Islamisten töten bei Angriffen auf eine Konzerthalle, mehrere Bars und Restaurants sowie ein Fußballstadion in Paris 130 Menschen. Vertreter von Kirchen und Religionen verurteilen die Attentate scharf. Papst Franziskus spricht von "barbarischen Akten". "Religiös bedeutet menschlich. Dies ist nicht menschlich", sagt er in einem TV-Interview. Auch Spitzenvertreter der Kirchen in Österreich sind tief betroffen von den Ereignissen. In den Anschlägen manifestiere sich das "abgrundtief Böse", sagt Kardinal Schönborn. Um die richtige Antwort auf diese "Bewährungsprobe der europäischen Wertegemeinschaft" zu finden, sei Besonnenheit ebenso notwendig wie Entschlossenheit.
18. November
Papst Franziskus ernennt den Innsbrucker Bischof Manfred Scheuer (60) zum neuen Bischof von Linz. Scheuer, ein gebürtiger Oberösterreicher, folgt auf Ludwig Schwarz (75), dessen altersbedingten Rücktritt der Papst gleichzeitig annimmt. Der Amtsübernahme wird für den 17. Jänner 2016 angekündigt.
19. November
Das Wiener KAICIID-Dialogzentrum veranstaltet ein prominent besetztes Podiumsgespräch anlässlich des 50. Jahrestags der Konzilserklärung "Nostra aetate". Der Dialog ist für gläubige Menschen unabdingbar, betont Kardinal Schönborn bei der Veranstaltung mit zahlreichen international prominenten Vertreter aus Judentum, Christentum und Islam.
23.-25. November
Rund 500 Ordensleute und Mitarbeiter der Ordensgemeinschaften Österreichs kommen im Wiener Kardinal-König-Haus zu ihrer traditionellen Herbsttagung zusammen. Sie beraten dabei über aktuelle Entwicklungen im Spitals- und Pflegewesen, im Bereich der Ordensschulen, der Kulturgüter und in den Missionsorden. Impulse zur Tagung gibt u.a. der frühere Abt der Schweizer Abtei Einsiedeln, P. Martin Werlen. Thema sind auch die zahlreichen Hilfsangebote der Ordensgemeinschaften für Flüchtlinge. Bundes-Flüchtlingskoordinator Christian Konrad ruft bei der Tagung die Ordensleute auf, noch einmal auf Möglichkeiten zur Unterbringung von Flüchtlingen in ihren Klöstern zu überprüfen.
23. November
Die von der Regierung beschlossene Senkung der Dienstgeberbeiträge für den Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) sorgt für anhaltende Kritik bei Familienvertretern. Vertreter des Katholischen Familienverbands und anderer Familienorganisationen liefern bei einer Protestaktion vor dem Parlament symbolisch ihre "Kohle" ab.
25. November
Die Kirche macht mit prominenten Stimmen gegen das Tabuthema Gewalt an Frauen und Kindern mobil: Kardinal Christoph Schönborn, Weihbischof Stephan Turnovszky, Superiorenkonferenz-Generalsekretär P. Franz Helm, die Vorsitzende der Katholischen Frauenbewegung, Veronika Pernsteiner, sowie zahlreiche andere Persönlichkeiten des kirchlichen Lebens beteiligen sich an der internationalen Kampagne "16 Tage gegen Gewalt".
28. November
Vor dem Weltklimagipfel übergeben internationale Pilgerbewegungen in Paris an führende französische Politiker und UN-"Klimachefin" Christiana Figueres mehrere Petitionen. Der brasilianische Kardinal Claudio Hummes überreicht einen von knapp 1,8 Mio. Menschen unterzeichneten Aufruf. Der Text fordert u.a. mehr Hilfe für die ärmeren Länder, damit sie mit den Folgen des Klimawandels besser klarkommen. Die Übergabe ist auch Schlusspunkt des internationalen "Ökumenischen Pilgerwegs für Klimagerechtigkeit", bei dem Teilnehmer aus zahlreichen Ländern zuvor 20.000 Kilometer Richtung Paris zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt haben. Österreichs "Klimapilger" präsentieren in Paris ihren "Rucksack der Alternativen" - eine Sammlung innovativer Zugänge zu Klimaschutz "Made in Austria".
29. November
Die frühere Vorsitzende des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRKÖ) und "Mutter der Ökumene" in Österreich, Oberin Christine Gleixner, stirbt 89-jährig in Wien. An ihrem Begräbnis am 17. Dezember in Wien nehmen u.a. Kardinal Schönborn, der orthodoxe Metropolit Arsenios und der evangelische Bischof Bünker teil. Am 18. Dezember findet zudem im Stephansdom ein Requiem statt.
25.-30. November
Papst Franziskus besucht erstmals Afrika. Zielländer sind Kenia, Uganda und - ungeachtet vieler Sicherheitsbedenken im Vorfeld - die Zentralafrikanische Republik. In einem Slum in Kenias Hauptstadt Nairobi prangert der Papst in scharfer Form die Verelendung von Millionen Menschen an. Kleine Minderheiten horteten Macht und Reichtum und frönten egoistischer Verschwendung, während die wachsende Mehrheit in verwahrlosten und verseuchten Randzonen hausen müsse. In Uganda besucht der Papst nicht nur das Heiligtum der katholischen Märtyrer des Landes, sondern auch das der anglikanischen. Bemerkenswert ist auch das Treffen mit dem obersten Vertreter der Muslime in Kenia, einem Land, das besonders schwer von islamistischem Terror betroffen ist. In Bangui in der Zentralafrikanischen Republik besucht der Papst u.a. ein Flüchtlingslager und ruft die Konfliktparteien in dem Land, wo es große Spannungen zwischen Christen und Muslimen gibt, zum Frieden auf. Besonders symbolträchtig: In Bangui eröffnet der Papst schon gut eine Woche vor dem offiziellen Beginn in Rom das "Heilige Jahr der Barmherzigkeit".