"Das Familiendokument vorzustellen ist eine ehrenvolle Aufgabe"
Die Überraschung war groß: Kardinal Christoph Schönborn wird auf Wunsch des Papstes die postsynodale Apostolische Exhortation "Amoris laetitia" (Freude der Liebe) über die Liebe in der Familie am April im Vatikan präsentieren. Genauso überrascht zeigte sich auch der Wiener Erzbischof im Interview mit "Kathpress": "Ich habe selbst erst vor einigen Tagen von dieser ehrenvolle Aufgabe erfahren", so Schönborn, der nach seiner Irak-Reise seit Donnerstag in Rom ist, wo er den Europäischen Apostolischen Kongresses der Barmherzigkeit (EACOM) leitet. Er werde jetzt jede freie Minute nützen, um das 200-seitige Dokument des Papstes zur Familiensynode, durchzuarbeiten. "Zum Inhalt werde ich schweigen, - bis zum nächstwöchigen Präsentationstermin", so der Kardinal.
Neben dem Wiener Erzbischof wird der Generalsekretär der Bischofssynode, Kardinal Lorenzo Baldisseri, das päpstliche Lehrschreiben vorstellen, wobei Schönborn der Part zukommen wird, die theologischen Inhalte des Dokuments darzulegen. Gemeinsam mit den beiden Kardinälen wird auch das italienische Ehepaar Francesco und Giuseppina Miano an der Pressekonferenz teilnehmen. Das Dokument erscheint auf Italienisch, Französisch, Englisch, Deutsch, Spanisch und Portugiesisch.
Die Entscheidung des Papstes, Kardinal Schönborn mit der Präsentation des Dokuments zu beauftragen, dürfte mit seinen theologischen und kommunikativen Meriten im Zusammenhang mit den beiden Familiensynoden zusammenhängen. Vor allem gegen Ende der Synodenberatungen war der Wiener Kardinal dann einer der gefragtesten Interviewpartner internationaler Medien, darunter "La Stampa", "Le Figaro" oder "Paris Match". Schönborn oblag es schließlich bei der letzten offiziellen Pressekonferenz der Synode am 24. Oktober des Vorjahres - wenige Stunden vor der Abstimmung des Dokuments -, dessen Grundzüge und Anliegen der internationalen Presse zu vermitteln. Und nach der Abstimmung des Synodentextes und seiner Veröffentlichung war es wieder der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz, der gemeinsam mit seinem deutschen Amtskollegen, Kardinal Reinhard Marx, in einer vielbeachteten Ad-hoc-Pressekonferenz spätabends das Dokument erläuterte.
Kardinal Schönborn spielte aber auch eine zentrale Rolle beim Gelingen der Synode selbst, die ernsthaft in der Gefahr stand, zum Thema keine nötigen Mehrheiten zu finden. Am Ende war es dann doch eine klare Sache: Mit einer deutlichen Zweidrittelmehrheit stimmten die 270 Synodenväter für das 94 Punkte umfassende Abschlussdokument zur "Familiensynode". Drei Wochen lang hatten die Bischöfe gemeinsam mit 14 Gastdelegierten und 51 Auditoren, darunter 17 Ehepaaren, darüber beraten. Das Ganze trug den offiziellen Titel "Die Berufung und Sendung der Familie in Kirche und Welt von heute" und war die 14. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode, bei der gleichzeitig das 50-Jahr-Jubiläum der Bischofssynode als Frucht des Konzils begangen wurde. Den Einführungsvortrag aus dem Kreis der Kardinäle hielt bei der Festveranstaltung am 17. Oktober auch damals auf Wunsch des Papstes der Wiener Erzbischof.
Maßgeblich für den positiven Ausgang der Synode waren die Ergebnisse ihrer deutschsprachigen Arbeitsgruppe ("Circulus germanicus"). Ihr gehörten u.a. Kardinal Walter Kasper sowie der Präfekt der Glaubenskongregation, Kardinal Gerhard Müller an, die im Vorfeld der Synode sehr unterschiedliche Positionen vertraten. Als Moderator der Gruppe wurde Kardinal Schönborn gewählt, der das Seine dazu beitrug, dass die deutschsprachige Gruppe in der Folge ihre Positionen einstimmig beschließen konnte. Sie bildeten in der Folge ein solides theologisches Fundament für das Schlussdokument der Synode.
So sprach sich die Gruppe in der strittigen Frage des Sakramentenempfangs von wiederverheirateten Geschiedenen unter Rückgriff auf Thomas von Aquin und Papst Johannes Paul II. für die seelsorgliche Methode der fallweisen Unterscheidung verschiedener Situationen aus. Diese Position fand sich schließlich im Synodendokument, das "keine Generallösung" präsentiert, sondern für den "anstrengenderen Weg" der Begleitung und Entscheidung im Einzelfall plädiert, so der Wiener Erzbischof später in einem bei "Herder" erschienen Buch.
"Es war die beste Synode, die ich bisher erleben durfte": So lautet das Urteil von Kardinal Christoph Schönborn in dem von ihm im Dezember herausgegeben Buch zu Familien mit Titel "Berufung und Sendung der Familie". Es bleibt bis 8. April abzuwarten, ob der Papst mit "Amoris laetitia" die hochgesteckten Erwartungen nach zweieinhalb Jahren des Ringens erfüllen kann.
Quelle: Kathpress