"Hass hat immer mit Faulheit zu tun"
Die mit den großen Flüchtlingszahlen einhergehenden Herausforderungen sind für den früheren Caritas-Präsidenten Franz Küberl auf jeden Fall bewältigbar. Angst gegenüber Fremden sei grundsätzlich etwas Natürliches, lasse sich aber überwinden - durch Respekt, Neugier und Mut, wie Küberl in einem Interview in der Kärntner Kirchenzeitung "Sonntag" betonte. Zur Frage, weshalb Angst auch immer öfter in Hass umschlage, meinte er wörtlich: "Hass hat immer mit Faulheit zu tun. Denn man zieht Schlüsse ohne den Umweg des Denkens." Dort, wo man zu denken beginnt und sein Gegenüber als Mensch wahrnimmt, komme man auf eine andere Ebene als Hass. Das bedeute freilich nicht, dass man nicht auch anderer Meinung sein könne.
Durch die hohe Zahl an Flüchtlingen stünden auch die eigenen christlich-westlichen Werte auf dem Prüfstand, so Küberl: "Sind unsere Werte nachvollziehbar? Halten sie dem stand, was wir behaupten? Und vor allem: Wie erkläre ich anderen meine Werte?" Das sei eine Chance und Herausforderung zugleich.
Bei der notwendigen Wertevermittlung an Fremde gehe es freilich nicht um persönliche Werte, die man anderen aufzwingen will, sondern ausschließlich um rechtlich verbindliche Werte: etwa die Gleichheit aller Menschen, Religionsfreiheit, die Gleichheit von Mann und Frau oder Gewaltfreiheit in der Kindererziehung. Küberl: "Die spannende Frage dabei ist aber immer, ob wir die Werte auch so leben, dass jene, die zu uns kommen, sagen: So, wie die hier leben, das ist toll, und das möchte ich auch." Muslime, die zum Christentum konvertieren, würden als Grund immer wieder angeben, dass ihnen von Christen ganz selbstverständlich geholfen worden sei. Sie hätten Wertevermittlung konkret erlebt.
"Keine Obergrenze der Nächstenliebe"
Es gebe "keine Obergrenze der Nächstenliebe", hielt Küberl weiters fest. Was in der Flüchtlingsdebatte gerne verschwiegen werde: "Von den 88.000 Menschen, die im Vorjahr gekommen sind, werden etwa 60 Prozent bleiben können. Diese sind für jedes Land eine gewaltige Chance." Die entscheidende Frage sei, ob es nicht in manchen Gegenden Zuzug brauche. Dafür müsse man freilich auch Integrationsmöglichkeiten bieten.
Zum Faktum, dass aufgrund des Dublin-III-Abkommens nun Flüchtlinge nach Kroatien abgeschoben werden sollen, meinte Küberl, dass man dieses Abkommen immer dann ausgrabe, wenn man einen anderen Staat ärgern wolle. "Weil Kroatien viel Flüchtlinge durchgewunken hat, sollen die jetzt wieder ein paar zurücknehmen." Es sei nicht einzusehen, dass darunter viele sind, "die schon sehr gut bei uns integriert sind, deren Kinder Schulen in Österreich besuchen", so Küberl: "Wir sollten uns eher darum bemühen, dass diese integrationsbereiten Menschen hier bleiben und wir ihnen einen vernünftigen Neustart ermöglichen."
Quelle: kathpress