Wie gläubig sind Österreichs Politiker?
"Kirchgänger finden sich erwartungsgemäß auf VP-Seite, doch auch im SP-Regierungsteam gibt es mehrere Christen": Diese Bilanz mit Blick auf das Regierungsteam haben die "Oberösterreichischen Nachrichten" (OÖN) in einem Artikel zur Frage "Wie religiös sind Österreichs Politiker?" (Mittwoch) gezogen. Doch nicht nur die Mitglieder der rotschwarzen Koalition, auch Vertreter der Oppositionsparteien und der Bundespräsident sind hinsichtlich ihrer Religiosität im Fokus. Politologe Peter Filzmaier glaubt zwar nicht, dass ein Politiker im Ansehen der Wähler steigt, wenn er sich als gläubig bekennt; gleichzeitig sei es aber kontraproduktiv, würde ein Politiker "offensiv und laut sagen ,Ich bin ungläubig' und er ist vielleicht noch stolz darauf", so Filzmaier in den OÖN.
Die Volkspartei ist per definitionem eine christlich-soziale Partei. Ihr Vorsitzender Vizekanzler Reinhold Mitterlehner ist ein aktiver Katholik, er ließ die Zeitung wissen: "Zu Ostern werde ich die Auferstehungsmesse feiern." Christliche Werte schlügen sich auch in seinem Aufgabenbereich nieder: "Obwohl Wirtschaftsminister, lehnt er die Sonntagsöffnung ab."
Klare katholische Positionen vertrete auch Außenminister Sebastian Kurz, etwa, wenn er das Kreuz im Klassenzimmer verteidigt oder wie im Vorjahr gemeinsam mit Kardinal Christoph Schönborn am "Marsch für Jesus" teilnimmt. Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter bekannte seinen Glauben bereits bei der Angelobung mit den Worten "vor dem heiligen Herzen Jesu Christi" öffentlich. "Jeden Sonntag gehe ich nicht in die Kirche, aber doch sehr regelmäßig", sagte Rupprechter den OÖN. Einen Rosenkranz trage er in der Hosentasche.
Auch Innenminister Wolfgang Sobotka bekennt sich als überzeugten Christen: "Durch viele persönliche Erlebnisse bin ich sicherlich ein gläubiger Mensch. Für mich ist das durchaus auch eine Frage der Spiritualität." Der Vater von Justizminister Wolfgang Brandstetter war katholischer Religionslehrer, wie die ÖON berichten. Trotz dieser Prägung beantwortete er die Gretchenfrage zurückhaltend nach dem "Grundsatz: Religion ist Privatsache".
Eine durchaus kritische Position zur katholischen Kirche nehme Finanzminister Hans Jörg Schelling ein, "auch wenn er als Winzer Messwein herstellt". Als wiederverheiratet Geschiedener fühle er sich "von der Kirche diskriminiert". Auch Familienministerin Sophie Karmasin äußerte inhaltliche Distanz: Die Position der Frau in der Kirche sehe sie, die nur zu Anlässen ein Gotteshaus betrete, "mehr als skeptisch".
Staatssekretär Harald Mahrer - wie alle anderen katholisch - betonte das Ideelle an der Religion: "Für mich als Christdemokrat sind bestimmte Werte wichtig. Das ist eng mit der christlichen Soziallehre verknüpft."
In SPÖ dominiert "ohne religiöses Bekenntnis"
In der Sozialdemokratie gibt es laut OÖN traditionell weniger Katholiken in hohen Positionen. Der frühere Bundeskanzler und einstige Ministrant Alfred Gusenbauer bilde eher eine Ausnahme. Sein Nachnachfolger Christian Kern sei - wie in der Wiener Sozialdemokratie üblich - ohne religiöses Bekenntnis. Dasselbe gelte auch für Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner und Klubobmann Andreas Schieder. Staatssekretärin Muna Duzdar ist nicht religiöse Muslima.
"Ich bin katholisch getauft und noch Mitglied", deklarierte sich Bildungsministerin Sonja Hammerschmid. Infrastrukturminister Jörg Leichtfried bekannte sich als "Mitglied der katholischen Kirche, der SPÖ und des SK Sturm Graz." Die Messe besuche er nur zu besonderen Anlässen. Katholiken sind auch Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil und Sozialminister Alois Stöger, letzterer war Mitglied der Katholischen Arbeiterjugend und sei noch immer der katholischen Soziallehre sehr verbunden.
Keiner der Oppositionschefs ausgetreten
Keiner der Oppositionschefs sei bisher aus der Kirche ausgetreten, ergaben die OÖN-Recherchen weiter. "Im Gegenteil: FP-Obmann Heinz-Christian Strache holte 2009 als 40-Jähriger die Firmung nach. Grünen-Sprecherin Eva Glawischnig ist evangelisch, Neos-Chef Matthias Strolz ministrierte bereits als Kind."
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte in frühen Jahren der evangelischen Kirche den Rücken gekehrt. Im Wahlkampf und in seinen ersten Amtsmonaten ließ er immer wieder Wertschätzung für das christliche Wertegerüst - namentlich für die Ethik der Bergpredigt - erkennen. Für die OÖN war es "wohl kein Zufall, dass Van der Bellen das erste Wochenende nach seinem Wahlsieg in Mariazell verbrachte".
Bekenntnis als Nichtgläubiger "wäre kontraproduktiv"
In früheren Zeiten hatten regelmäßige Kirchgänger in der ÖVP "sehr wohl Potenzial, in der Wählergunst zuzulegen", doch mit dem Wandel der Gesellschaft hat sich das laut dem Politikanalytiker Filzmaier geändert. Angesichts vieler Geschiedener oder gleichgeschlechtlicher Partnerschaften könne es einem Politiker "mehr schaden als nützen", wenn er den Glauben und ein konservatives Weltbild zu sehr vor sich hertrage. Sich offensiv abzugrenzen wäre jedoch "kontraproduktiv". Denn mit dem christlichen Glauben seien ein Weltbild und Werte verbunden, "die man sich von einem Volksvertreter erwartet", sagte Filzmaier.
Quelle: Kathpress