Diakonie-Kritik an EuGH-Urteil zum Dublinverfahren
Das Urteil des EuGH zur europäischen Asylpolitik zeige einmal mehr, "dass das Dublin-System dysfunktional ist und unnötiges Leid verursacht und durch ein solidarisches Asylsystem ersetzt werden muss". Das hat die evangelische Diakonie zum EuGH-Urteil vom Mittwoch und im Rückblick auf den Flüchtlingszustrom von 2015 und 2016 über die Balkanroute angemerkt: "Ein System, das im Anlassfall nicht hält, ist unbrauchbar."
In der ZiB2 äußerte Diakonie-Direktor Michael Chalupka am Mittwochabend Unverständnis darüber, dass der EuGH den im Einvernehmen der beteiligten Staaten erfolgte Weitertransport der Tausenden Flüchtlinge via Bahn oder Bussen nun als "illegale" Einreise der Heimatvertriebenen wertet und damit deren Rückschiebung aus Österreich nach Kroatien legimitiert. Die Diakonie sprach sich dafür aus, dass Österreich bei Betroffenen, die seit langem hierzulande auf ein Verfahren warten, von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen - sich also freiwillig für zuständig erklärt. Weiters brauche es "endlich ein einheitliches europäisches Asylrecht, mit einheitlichen Verfahren und Rechtsstandards".
Der EuGH in Luxemburg hatte am Mittwoch festgehalten, dass Kroatien für all jene Verfahren zuständig sei, bei denen Asylwerber über die Balkanroute nach Europa einreisten. Das Gericht kam zum Schluss, dass auch dann ein "illegales Überschreiten einer Grenze" vorliege, wenn ein Mitgliedstaat Drittstaatsangehörigen die Einreise in sein Hoheitsgebiet aus humanitären Gründen gestattet. Dies kam überraschend, hatte doch selbst die Generalanwältin des EuGH im Vorfeld von der Rechtswidrigkeit der Rücküberstellungen nach Kroatien gesprochen; dies zeigt laut Diakonie, "wie prekär die Rechtslage durch die Dublin-Verordnung für Menschen auf der Flucht in Europa ist".
Im Anlassfall der Fluchtbewegungen 2015/16 hätten die Staaten "vor der eigenen Rechtslage kapituliert", stellte die Diakonie fest. Es sei niemandem von den ankommenden Flüchtlingen bewusst gewesen, in Kroatien "illegal" eine Grenze in die Europäische Union zu überschreiten, da die Weiterreise ja für sie organisiert worden war. Die Staaten sahen sich dabei verpflichtet, ihre Einreise zu gestatten, um einen Rückstau der geflüchteten Personen zu vermeiden.
Laut ZiB2 gab es seit Anfang 2016 rund 500 Rückschiebungen nach Kroatien, dem erstzuständigen EU-Mitgliedsstaat auf der Balkanroute.
Quelle: kathpress