Schönborn: "Nicht ängstlich alles wegschließen"
Kardinal Christoph Schönborn hat sich in einem Brief an die Wiener Katholiken trotz der jüngsten Vandalenakte zu offenen Kirchen bekannt. "Vandalen und Diebe - Gott sei Dank selten genug in unseren Kirchen - können nichts zerstören, was wir nicht verschmerzen könnten. Sie würden erst einen Sieg erringen, wenn wir ängstlich alles wegschließen", so der Wiener Erzbischof in seinem Schreiben an die Leser der Wiener Kirchenzeitung "Der Sonntag" (Ausgabe 6. April).
Freilich wolle sich die Erzdiözese auch nicht leichtfertig die Bilder und Statuen nehmen lassen, die so vielen Gläubigen viel bedeuteten. Schönborn rief zu häufigem Kirchenbesuch auch unter der Woche auf, etwa, um zu beten oder auch nur, um sich einen Moment der Stille zu gönnen. Aber auch wer in einem Kirchenraum nur Kühlung an einem heißen Tag suche, "kommt Gott näher - und seine Präsenz verhindert vielleicht einen Übergriff".
Der Kardinal schrieb seine Zeilen nach einem Lokalaugenschein in der verwüsteten Lazaristenkirche, die am meisten unter den Vandalenakten am vergangenen Wochenende gelitten hatte. Zwölf Statuen und zwei Holzfiguren hatte der Täter von den Altären gerissen - "ein Anblick, der mir sehr nahe gegangen ist", wie Schönborn mitteilte. "Die Begegnung mit blinder Zerstörungswut in einem heiligen Raum wirkt immer noch in mir nach."
Reaktion ist nicht "zu defensiv"
Dem möglichen Vorwurf, die Kirche reagiere auf diese Vorfälle "zu defensiv", statt "mehr Stärke zu zeigen", begegnete der Kardinal mit dem Verweis auf den heiligen Paulus, auf dessen Spuren sich Schönborn zusammen mit 500 Wallfahrern aus der Erzdiözese Wien am Mittwoch begeben hat. Der "Völkerapostel" schrieb im zweiten Korintherbrief: "Deswegen bejahe ich meine Ohnmacht, alle Misshandlungen und Nöte, Verfolgungen und Ängste, die ich für Christus ertrage; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark." Paulus habe mit diesen "großen Worten" ausdrücken wollen, dass die Gnade Gottes gerade in der Schwachheit wirke.
Und im Blick auf den für kommenden Sonntag geplanten Aufenthalt der Wiener Pilger im antiken Ephesos (bei der heutigen türkischen Kreisstadt Selcuk in der Provinz Izmir) erinnerte Kardinal Schönborn an das dort von Paulus verfasste Hohelied der Liebe, die an Bedeutung die anderen "göttlichen Tugenden" Glaube und Hoffnung noch übersteige. Liebe "lässt sich nicht zum Zorn reizen, trägt das Böse nicht nach", zitierte Schönborn und kündigte an: "Dort in Ephesos möchte ich besonders für die beten, die in der Lieblosigkeit gefangen sind wie in einem dunklen Kerker."