Ethiker zu Causa Föderl-Schmid: Anstand ist öffentlich schwierig
Der Medienethiker Alexander Filipovic hält mehr Anstand und einen mitfühlenderen Umgang in öffentlichen Debatten für ein nur schwer erreichbares Ziel. "Ich bin mir nicht sicher, ob wir eine mitmenschliche Fehlerkultur von öffentlicher Kommunikation überhaupt erwarten können", sagte der Forscher der Universität Wien in einem Interview des KNA-Mediendienstes. Er äußerte sich mit Blick auf den Fall der Vize-Chefredakteurin der "Süddeutschen Zeitung", Alexandra Föderl-Schmid.
Die Journalistin stand zuletzt wegen unbelegter Plagiatsvorwürfe unter Druck und war in der vergangenen Woche zeitweise als vermisst gemeldet. Zwar sei mehr Anstand nötig, sagte Filipovic weiter. Aber der öffentliche Bereich sei stark polarisiert und werde so sehr zur persönlichen Profilschärfung genutzt, dass er sich nicht vorstellen könne, "wie wir mehr Anstand hervorrufen können". Allein in sozialen Medien passiere "eine Riesenkatastrophe".
Trotzdem sei es nicht falsch, Appelle für einen besseren Umgang miteinander zu äußern. "Wir alle sollten in unserem privaten und auch in unserem professionellen Umfeld dafür kämpfen", sagte der Ethiker und Theologe. "Vielleicht wäre es angesichts dieser ganzen Katastrophe angezeigt, dass wir uns alle ermahnen und daran erinnern, dass zu schweigen oder weniger schnell zu urteilen ein erster Weg wäre."
Man müsse sich klarmachen, "dass die öffentliche Sphäre massive Auswirkungen auf das individuelle Seelenheil hat", mahnte Filipovic. Menschen seien nicht geübt darin, beides zu trennen. Zugleich seien alle "Teil dieser fatalen Kommunikationsdynamik". Sie entstehe bei Fehlern im öffentlichen Raum und könne einen Menschen in die Verzweiflung drängen.
Quelle: kathpress