Mediendidaktikerin: Kirche sollte Chancen auf Instagram nutzen
Die Online-Plattform Instagram, wo sich aktuell rund zwei Milliarden Menschen austauschen, bietet nach Überzeugung der Theologin und Mediendidaktikerin Viera Pirker auch den Kirchen viele Chancen. Die Herausgeberin des jüngst bei Herder erschienenen Sammelbandes "Religion auf Instagram" wies im Interview mit "Christ in der Gegenwart" (8/2024) darauf hin, dass es dabei auch in religiöser Hinsicht fast nichts gibt, was es im nicht-virtuellen, realen Leben nicht auch gibt: "Auf Instagram kann man sich zum Rosenkranzbeten treffen, moderne Andachten abhalten, gemeinsam die Bibel lesen, religiöse Bildungsangebote beziehen oder - zum Beispiel unter dem Hashtag #ansprechbar - seelsorgliche Hilfe finden."
Pirker nannte den offiziellen Account von Papst Franziskus mit seinen mehr als neun Millionen Followern als Beispiel für erfolgreiche kirchliche Präsenz auf Instagram. Dies sei dort "die größte katholische Erfolgsgeschichte". Aber auch Ordensleute wie Sr. Sophia, "die ihr Leben im Kloster zeigt und darüber hinaus die Hoffnung in die Welt trägt", oder Erfolgsautor Anselm Grün seien Beispiele, wie man mit seinem Engagement auf der Plattform Menschen in großer Anzahl anspricht. "Diese Offenheit für verschiedene Verkündigungs- und Präsenzformate im katholischen Bereich finde ich sehr spannend und schön", merkte die früher in Wien und jetzt in Frankfurt lehrende Theologin an.
Menschen würden sich zudem wie bei der Initiative #OutInChurch unter einem gemeinsamen Hashtag zusammenschließen; so werden laut Pirker "alte Hierarchien auf den Kopf gestellt und Marginalisierten eine Stimme verliehen - eigentlich etwas zutiefst Christliches". Und jedes religiöse Individuum könne auf Instagram auf Gleichgesinnte treffen, die der eigenen Spiritualität entsprechen. Das "feministische kollektivistische Andachtskollektiv" beispielsweise habe während der Pandemie ganz neue Andachtsformen entwickelt. Andere Gruppen würden Glaubensfragen in der Gegenwart neu stellten und damit Perspektiven erweitern.
Die gängigen Großinfluencer unterscheide von religiösen Influencern, dass letztere oft sehr an einem direkten Kontakt und einer persönlichen Beziehung und nicht an Marketing interessiert seien. "Der erstaunlich intime Raum des eigenen Smartphones ist nicht zu unterschätzen", wies Pirker hin. Wie "oberflächlich" Instagram sei, habe stark mit der eigenen Entscheidung zu tun, wie viel Tiefe man zulassen will.
Ihr sei es als Mediendidaktikerin wichtig, daran zu erinnern, wie viel Menschen - und gerade junge - heute über Soziale Medien lernen: "Wie ich koche, das Fahrrad repariere, Kinder erziehe, mich schminke... Genau das passiert auch im Feld der religiösen Bildung." Diesen virtuellen Raum gelte es als Ort zu betrachten, wo man etwas lernen oder auch etwas anbieten kann. "Die Schwierigkeit ist, dass es mit Blick auf den Algorithmus sehr gute Angebote sein müssen, damit sie eine größere Reichweite erhalten", so Pirker. Instagram sollte man nicht mit einem Schaukasten verwechseln, im Sinne von: "Morgen findet das und das statt." Damit erreiche man lediglich die 300 Leute, die sich wirklich dafür interessieren. Wichtig seien die persönliche Bindung sowie eine spezifische Kommunikation: "Man muss sein Gesicht zeigen und sehr kontinuierlich sichtbar sein."
Was auf Instagram nach den Worten der Theologin nicht geht, seien "die sakramentalen Vollzüge, die ja das Haptische benötigen". Sozialpastorale Accounts oder die Thematisierung von Leid, Sterben oder Armut funktionierten auf der Plattform nicht so gut, "weil man sich dem dort nicht aussetzen will". Instagram sei für viele "eher ein inspirativer Erholungsort". Diakonische Perspektiven existierten zwar durchaus, aber sie haben laut der Expertin nicht die Followermengen und Klickzahlen, die ihnen - entsprechend der Bedeutung des Diakonischen im Christlichen - eigentlich zukommen müssten. Pirker riet aber, kirchlicherseits auf viel mehr auf Kommunikation rund um Ehe, Familie und Erziehung zu setzen; all das sei auf Instagram "ein Riesenthema".
Gemeinsam mit Paula Paschke gab Pirker kürzlich den 392 Seiten starken Sammelband "Religion auf Instagram" (Herder 2024) heraus. Verschiedene Fachleute leisteten dazu Beiträge zu "digital Storytelling", über Seelsorge auf Instagram, Ehepaare als Instanzen religiöser Kommunikation oder über vernetzte Kommunikation als "Glaubenskommunikation der Zukunft".
Österreicher auf Instagram
Im Vergleich zu den aktuell 9,2 Millionen Followern von "Pope Francis" schneidet vom österreichischen Episkopat Kardinal Christoph Schönborn (kardinalwien) mit 15.700 Followern am besten ab. Der Feldkircher Bischof Benno Elbs hat 5.841 Follower, seine Amtskollegen Hermann Glettler (Innsbruck) 4.643, Wilhelm Krautwaschl (Graz-Seckau) 1.824 und Alois Schwarz 862 Follower. Jugendbischof Stephan Turnovszky kommt auf immerhin 2.017 Follower, der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Franz Lackner, kommt auf 870 Follower.
Instagram-affiner ist der Wiener Caritas-Direktor Klaus Schwertner (cariklaus) mit 6.183 Followern, die youngcaritas_oesterreichs hat 2.781 Fans, die neue Caritas-Österreich-Präsidentin Nora Tödtling-Musenbichler rangiert mit 947 Followern noch hinter KAÖ-Präsident Ferdinand Kaineder mit 1.157. Der oft in den Medien präsente Wiener Dompfarrer Toni Faber hat diese Plattform für sich noch nicht entdeckt: 62 Follower, noch 0 Beiträge. Auch der Kärntner Bischof Josef Marketz hat noch keinen Beitrag verfasst, aber immerhin 511 Follower.
Quelle: kathpress