
Österreich erleichtert Einbürgerung für Nachfahren von NS-Opfern
Nachfahren von Opfern des NS-Regimes können ab September Anträge auf die Erlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft stellen. Mit 1. September werden für diese Gruppe Erleichterungen schlagend, die das Parlament vor knapp einem Jahr beschlossen hat. Benjamin Nägele, Generalsekretär der Israelitischen Kultusgemeinde Wien (IKG Wien), bezeichnete die Neuregelung am Mittwoch gegenüber Kathpress als "wichtigen Schritt" und "bedeutende Geste" der Wiedergutmachung Österreichs an den früheren NS-Opfern.
Kinder, Enkel und Urenkel von österreichischen Müttern, die von den Nazis ausgebürgert wurden oder bis zum 15. Mai 1955 das Land verließen - zuvor war es bis auf Kriegsende begrenzt - sind somit ab September berechtigt, den österreichischen Pass zu beantragen. Nicht nur Nachfahren von NS-Opfern, die einst aus Österreich flohen, profitieren von dem neuen Gesetz, sondern auch diejenigen, die damals die österreichische Staatsbürgerschaft oder die eines anderen Landes der bis 1918 bestehenden österreichisch-ungarischen Monarchie hatten. Darüber hinaus sollen künftig auch Adoptivkinder als Nachkommen gelten.
Zwar war es schon bisher möglich, einen Reisepassantrag zu stellen. Das hatte jedoch äußerst langwierige Prüfungen für die Anerkennung zur Folge, welche nun vereinfacht werden sollen. Für im Ausland geborene, bisher nicht in Österreich lebende Antragsteller ist die Wiener Landesregierung (MA35) für die Einbürgerung zuständig. Mit dem neuen Recht wird zudem auch ausdrücklich die Möglichkeit eines Doppelpasses gewährt, was vor allem für Nicht-EU-Bürger von Bedeutung sein könnte.
In Regierungskreisen rechnet man mit Zehntausenden - sogar die Zahl 80.000 wird genannt - Anträgen, wobei auch viele jüdische KZ-Überlebende sowie deren Nachfahren zu diesem Personenkreis zählen dürften. Wie Nägele erklärte, gebe es bei der IKG Wien bereits viele Anfragen zum Thema, "auch aus Australien, Israel, den USA und vor allem England, wo ein EU-Pass seit dem Brexit eine deutliche Reiseerleichterung darstellen wird". Die Kultusgemeinde liefere vor allem bei Archivfragen Unterstützung, etwa wenn es um den Nachweis der Verfolgungsgeschichte geht. Für das Verfahren selbst sind die jeweiligen Botschaften und Konsulate die erste Anlaufstelle.
Quelle: kathpress