
Steirischer KA -Präsident zu Leitkultur: Dinge beim Namen nennen
In der aktuellen "Leitkultur"-Debatte geht es weniger um Blasmusik und Trachtenanzüge, sondern um die Frage, wie errungene Freiheiten und eine europäische Kultur bewahrt werden können: Darauf hat der Präsident der Katholischen Aktion Steiermark, Andreas Gjecaj, in der Kirchenzeitung der Diözese Graz-Seckau (Ausgabe 30. April) hingewiesen. Im Zentrum der Erarbeitung einer österreichischen "Leitkultur" müsse der Dialog sein stehen. Dazu gehört laut Gjecaj auch "Dinge beim Namen zu nennen" sowie das klare Aussprechen, "was im Europa des 21. Jahrhunderts nach Christus geht und erwünscht ist, und was eben nicht geht - ob man es nun Leitkultur nennt oder nicht, ist dabei nicht so wichtig".
Der Generalsekretär der Fraktion Christlicher Gewerkschafter/innen (FCG) im Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB) formulierte im "Sonntagsblatt" vier Thesen, die in der Leitkultur-Debatte beachtet werden sollten: "1. These: Österreich ist ein Land im Wandel", "2. These: Wer "Leitkultur" sagt, muss erklären was gemeint ist", "3. These: Das Evangelium des Christentums ist eine befreiende Botschaft" und "4. These: Der Dialog ist ein wertvolles Werkzeug der Konfliktbewältigung". Gjecaj regierte damit auf eine Frage, die der Wiener Theologe und Ethikprofessor Ulrich Körtner in der Kleinen Zeitung (14. April) stellte: "Leitkultur: Wo bleibt das Christliche?".
Österreich sei "ein Land im Wandel", was sich konkret an der Entwicklung vom "Auswanderungsland" zum "'Einwanderungsland' ohne Einwanderungspolitik" nachzeichnen lasse. Obwohl Österreich bei der Zahl der Asylanträge im Spitzenfeld in der EU rangiere, bestehe trotzdem kein eigenes Ministerium für Einwanderung. "Die Rechnung für diese ungesteuerte Zuwanderung bezahlen wir derzeit in Schulen, Spitals-Ambulanzen und in Wiener Problem-Bezirken, sowie in tiefen Brüchen unserer Gesellschaft und dem Erstarken rechtspopulistischer Parteien in ganz Europa", meinte der KA-Präsident.
In der Debatte um die "Leitkultur" müsse verstärkt erklärt werden, "was wir meinen, wenn wir von 'Kultur' sprechen", meinte Gjecaj. Und weiter: "Ein scheinbar unerschöpfliches Feld, bei dem es nicht ausreicht, sich auf festgeschriebene Gesetze oder etwa Menschenrechte zurückzuziehen." Er rekurrierte zudem auf das Evangelium als "befreiende Botschaft", das sich auch gegen den Ruf nach mehr Polizei und neuen Gesetzen stelle. "Vielmehr gefordert ist unser Engagement als Teil der Zivilgesellschaft." Trotzdem nutze es wenig, "wenn die Europäische Menschenrechtskonvention in Österreich im Verfassungsrang steht, wenn die gelebte Praxis eine völlig andere ist", schrieb Gjecaj, der etwa auf Spannungsfelder zwischen unterschiedlichen Kulturen in Bezug auf Gleichberechtigung hinwies.
Als "wertvolles Werkzeug der Konfliktbewältigung" nannte der KA-Präsident in seiner vierten These eine Gesprächskultur: "Zunächst dürfen uns 'Killer-Phrasen' nicht mundtot machen, und wir müssen Dinge beim Namen nennen. Im gegenseitigen Respekt ist ständig der Dialog zu suchen und auch vom Gegenüber einzufordern." Zwar werde trotz wertschätzendem Dialog nicht alles gelöst werden können, die "Leitkultur"-Debatte stelle aber eine Möglichkeit zur Vernetzung dar: "Nutzen wir die Chance, damit auch unsere Kinder und Enkel den Ausruf vom Balkon des Schlosses Belvedere aus dem Jahr 1955 weitertragen können: 'Österreich ist frei!'"
Quelle: kathpress