Schönborn: Verständnis für afrikanische Bischöfe
Verständnis für die Anliegen der afrikanischen Bischöfe bei der Synode im Hinblick auf die Gefährdung traditioneller Familienstrukturen hat Kardinal Christoph Schönborn geäußert. Gegenüber "Radio Vatikan" nahm der Kardinal zur Bemerkung Stellung, dass es in der Kirche in Afrika viel entschiedener als in westlichen Ortskirchen Vorbehalte gegen Homosexualität gebe. Er teile voll die Sorge der afrikanischen Bischöfe,
"dass internationale Organisationen ein gewisses Bild von Familie und Sexualität und Fruchtbarkeit mit unlauteren Mitteln in Afrika durchsetzen wollen, indem sie Entwicklungshilfe, finanzielle Zuwendungen an bestimmte Bedingungen knüpfen, was die Veränderung der traditionellen afrikanischen Familienstrukturen betrifft."
Gegen solche Tendenzen müsse man sich entschieden zur Wehr setzen.
Schönborn: "Da wehren sich zu Recht die afrikanischen Bischöfe. Sie sagen sogar ausdrücklich, das ist eine neue Form von Kolonialismus, lasst uns unsere Kultur leben, lasst uns unsere Freiheit, lieber nehmen wir keine finanzielle Hilfe, als dass wir uns eine finanzielle Hilfe mit Bedingungen aufoktroyieren lassen, die gegen unser Überzeugungen sind. Das war ein sehr starkes Statement der afrikanischen Bischöfe." Er sei überzeugt, so Schönborn, dass diese Sorgen auch im Schlussdokument der Synode ihren Niederschlag finden werde.
Homosexuellen mit Respekt begegnen
Zum kirchlichen Umgang mit Homosexuellen bekräftigte Schönborn bei einer Pressekonferenz am Donnerstag seine Auffassung, dass es ein "elementares christliches Gebot" sei, Homosexuellen mit Respekt zu begegnen. Jedoch könne sich damit nicht die grundsätzliche kirchliche Bewertung gleichgeschlechtlicher Beziehungen verändern. "Wir schauen zuerst auf die Person und nicht auf die sexuelle Orientierung". Dass die Kirche jeder Person mit Respekt begegne, bedeute jedoch nicht, dass sie auch "Respekt vor jedem menschlichen Verhalten" bekunde, so Schönborn. In der Verschiedenheit von Mann und Frau sehe die katholische Kirche ein "fundamentales Geschenk der Schöpfung Gottes". Dies müsse sie auch gegenüber homosexuellen Beziehungen mit dem gebotenen Respekt deutlich machen.
Weiter sagte Schönborn, die katholische Kirche müsse ungeachtet aller Probleme die "Schönheit und vitale Notwendigkeit der Familie" deutlicher aufzeigen.
Zugleich wandte sich der Wiener Kardinal dagegen, angesichts der Debatte über den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen und Homosexuellen von "Parteien" unter den Teilnehmern der Bischofssynode zu sprechen. Es gehe hier lediglich um zwei "Aspekte" einer Frage, sagte er mit Blick auf jene Bischöfe, die für situationsbezogene seelsorgerische Lösungen plädieren und jene, die das klare Zeugnis der Kirche in Gefahr sehen, wenn es zu Änderungen in der kirchlichen Praxis kommen sollte. Mit solchen Spannungen müsse die Kirche leben.
Synodenverlauf positiv
Mit dem Verlauf der Synode zeigte sich Schönborn sehr zufrieden. In früheren Synoden habe einfach jeder Bischof über sein Thema geredet, wann er gerade an der Reihe war, so Schönborn gegenüber "Radio Vatikan". Nun seien die Wortmeldungen vom Synodensekretariat so geordnet worden, dass sie zu dem Thema passten, das gerade an der Reihe war. Außerdem habe man immer zu Beginn eines neuen Kapitels zuerst die Laien, die Experten gehört, "und ich glaube auch das ist ein wichtiges Signal, gerade beim Thema Ehe und Familie".
Sehr positiv sei auch die freie Diskussionszeit, so dass überhaupt erst eine echte Diskussion entstanden sei. "Das macht die Synode viel lebendiger, auch den Austausch intensiver."
Schönborn erläuterte im "Radio Vatikan"-Interview auch den vielbeschworenen Begriff der "Gradualität": Dieser sei an sich ein klassischer Begriff aus der Moraltheologie. Die Gebote Gottes seien nicht graduell, aber in der Verwirklichung dieser Gebote Gottes "ist unsere Praxis oft graduell", so der Kardinal: "Wir verwirklichen nicht das volle Programm, wir sagen damit aber nicht, dass das Teilprogramm schon genügt."
Es gehe um die Begleitung von Menschen, die auf dem Weg sind. Nachsatz: "Und wir sind alle auf dem Weg." Schönborn: "Ein ganz einfaches Beispiel: Ich bin Christ, fast 70 Jahre alt. Aber ich würde von mir nicht behaupten, dass ich schon am Ende der Verwirklichung meines Christseins bin. Ich habe noch viele mögliche Grade der Steigerung, der Entwicklung, in meinem Christsein. Die Gradualität der Verwirklichung des Gesetzes, darum geht es, nicht die Gradualität des Gesetzes."
Das habe schon Johannes Paul II. gelehrt - es sei klassische Lehre und werde jetzt auf jene Situationen angewendet, "wenn junge Leute, wie es weltweit mehr und mehr vorkommt, zusammenleben, ohne kirchlich verheiratet zu sein". Schönborn: "Da kann man nicht sagen, dass das schon das Sakrament der Ehe ist, aber man kann auch sagen, ihr seid unterwegs - wenn ihr unterwegs sein wollt."
Quelle: kathpress