"Rapid-Pfarrer": Untergriffe nach Derby-Sieg nicht zu verteidigen
Die nach dem Fußball-Derbysieg von Rapid Wien von Vereinsfunktionären und Spielern geäußerten Beschimpfungen und Schmähungen des unterlegenen Lokalrivalen Austria Wien sind für den langjährigen "Rapid-Pfarrer" Christoph Pelczar "nicht zu verteidigen" und klar zu verurteilen. Die nach dem 3:0-Sieg Rapids bekannt gewordenen, teils homophoben Untergriffe durch Geschäftsführer Steffen Hofmann, Co-Trainer Stefan Kulovits, Kapitän Guido Burgstaller und Spielern wie Marco Grüll hätten ihn getroffen, sagte der Pfarrer von Weikendorf (NÖ.) am Mittwoch im Gespräch mit Kathpress. Umso mehr, als deren Äußerungen so gar nicht zu den Beteiligten passen würden, die er gut kenne und mit denen er auch immer wieder kooperiere, wenn es um die Vermittlung von Sportsgeist an junge Rapid-Fans gehe.
Pelczar führte die Untergriffe auf die emotionale Ausnahmesituation nach dem ersten Derbysieg im 2016 eröffneten Hütteldorfer Allianz-Stadion zurück. In dieser "Stunde der Euphorie" habe sich ein Ventil geöffnet, sei es zu einer Art "Vulkanausbruch" gekommen, der auch Verbalinjurien zutage brachte, sagte der Priester. Die genannten Vereinsmitglieder und auch die Vereinsführung hätten sich für die Entgleisungen öffentlich entschuldigt, und auch eine etwaige weitere Bestrafung durch die zuständigen Bundesliga-Gremien sei zu akzeptieren, meinte Pelczar: "Wer einen Fehler gemacht hat, muss auch die Konsequenzen dafür tragen."
Der gebürtige Pole fungiert seit acht Jahren als "Rapid-Pfarrer", der Taufen, Trauungen und Begräbnisse abhält und auch ein Buch mit dem Titel "Glaube.Liebe.Rapid." verfasste. Im Einvernehmen mit der Rapid-Führung führt Pelczar Kurse, Übungen und Spiele durch, die jungen Fußballfans u.a. Respekt und Wertschätzung gegenüber Konkurrenten vermitteln sollen. Der jüngste Skandal habe die Glaubwürdigkeit dieser Bemühungen erschüttert, bedauerte der Geistliche. Er appellierte an alle, denen wie ihm der Wiener Traditionsclub eine Herzensangelegenheit ist, dem Rapid-Leitbild und der dort verankerten sportlichen Ethik treu zu bleiben. In der Rapid-Familie sei Platz für alle, betonte Pelczar.
Der "Rapid-Pfarrer" ist selbst ein Beispiel für Brückenschläge zum vermeintlichen Gegner: Er ist seit kurzem Chef des niederösterreichischen Zweitligavereins SV Stripfing/Weiden, der ein Partnerclub von Austria Wien ist. Nach seiner Wahl zum Obmann hatte Pelczar erklärt: "Es geht nicht um Rapid oder Austria. Wertschätzung und Respekt sind mir wichtig. Ich fühle mich der Gemeinde und der Region sehr verbunden und damit auch dem SV Stripfing."
Entschuldigung und Anzeige
Anlass für die jüngsten Aufregungen nach dem Derbysieg Rapids gegen die Austria am Sonntag waren Videoaufnahmen, die Vertreter des siegreichen Clubs beim Feiern zeigten und danach zu Entschuldigungen veranlassten. Rapid-Präsident Alexander Wrabetz betonte: "Die Verunglimpfung von Menschen aufgrund von verschiedenen Merkmalen oder Lebensweisen soll bei Rapid keinen Platz haben." Die Causa werde intern noch aufgearbeitet.
Die Bundesliga teilte inzwischen mit, dass alle "Spieler und Funktionäre, die auf den Videos zu sehen sind, beim Senat 1 angezeigt werden". Laut Liga sind Spieler- bzw. Funktionärssperren denkbar, Rapid droht im schlimmsten Fall sogar ein Punkteabzug.
Quelle: kathpress