Marketz: Innerkirchliche "Vielstimmigkeit" ist heute Realität
Auch wenn Vielstimmigkeit und Pluralität von Meinungen nicht immer Wesensmerkmale der Kirche gewesen sind, so werde spätestens seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil der Vielfalt der Stimmen in der Kirche entsprechend Raum gegeben. Darauf hat der Kärntner Diözesanbischof Josef Marketz am Montag bei den diesjährigen Pastoraltagen in seinem Eröffnungsvortrag hingewiesen. Die Tagung am 19./20. Oktober im Stift St. Georgen/Längsee, an der Kleriker und Laienmitarbeiter in der Seelsorge teilnehmen, ist dem Thema "Vielstimmigkeit der Kirche" gewidmet. Pluralität ist nach den Worten Marketz' heute "kirchliche Realität, die es wahrzunehmen und mit der es umzugehen gilt".
Für die Seelsorge bedeute dies, noch mehr auf die Menschen zuzugehen, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und ihnen in ihren vielfältigen Zugängen zu Religion und Kirche zuzuhören. "Kirche lebt von den vielfältigen Erfahrungen der Menschen mit Gott", betonte der Bischof. Er sprach sich für ein stärkeres Miteinander der Diakone, Priester und der haupt- und ehrenamtlichen Laien aus, für eine "synodale Kirche in Kärnten", in der Gremien zu Gesprächsforen würden, in der sich Pastoral stetig weiterentwickle und Kirche sich "auch in der Spannung zwischen Tradition und Innovation wiederfindet".
Neue Wege sollten gesucht und eingeübt werden, "damit sich die Menschen in diesem Land in ihrer Suche nach Spiritualität und mit ihren menschlichen und seelsorglichen Anliegen verstanden und angenommen fühlen", so Bischof Marketz. Die Botschaft der Nähe Gottes und der Nächstenliebe sei auch in der heutigen Welt ein attraktives Angebot. Das Liebesgebot müsse christliches Handeln dominieren, und "diakonisches Handeln muss alle Grundvollzüge der Kirche prägen", unterstrich der Bischof.
"Katholische Wahrheit ist polyphon"
Die Kärntner Seelsorgeamtsdirektorin Elisabeth Schneider-Brandauer plädierte in ihrem Impulsreferat für einen "synodalen Weg" - so nennt auch die katholische Kirche in Deutschland ihren derzeitigen, breit angelegten Dialog- und Reformprozess. Schneider-Brandauer wünscht sich ein "dialogisches Geschehen, wo alle, einschließlich Amtsträger, einen spirituell-kommunikativen Stil des gegenseitigen Hörens erlernen und vertiefen". Die katholische Wahrheit sei "polyphon", sagte die Seelsorgeamtsdirektorin. Sie beobachte jedoch oft, dass mit Blick auf die Vielstimmigkeit sehr schnell die Einheit in Gefahr gesehen werde.
In der Seelsorge dürfe es nicht vorrangig darum gehen, bestehende Strukturen aufrechtzuerhalten. Vielmehr müsse Kirche fragen, wie sie den Menschen in ihrem Lebensumkreis das Evangelium bestmöglich verkünden könne. Es braucht nach Überzeugung Schneider-Brandauers "passgenaue Antworten für die Seelsorge vor Ort, und die schauen z. B. für Klagenfurt anders aus als für Mörtschach im Mölltal". Vielfalt gehöre zur Fülle der Katholischen Kirche. "Je tiefer meine Wurzeln sind, umso mehr Standfestigkeit habe ich, und umso mehr Vielfalt kann ich aushalten und sie auch als Bereicherung erleben", erklärte die Seelsorgeamtsdirektorin.
Der Klagenfurter Sozialpsychologe Daniel Wutti plädierte in seinem Referat dafür, Mehrsprachigkeit und Vielfalt in der Kultur nicht als Bedrohung, sondern als Chance und vor allem als Realität zu begreifen. So gebe es weltweit rund 8.000 verschiedene Sprachen, 230 alleine in den 47 Mitgliedsstaaten des Europarates. Mehrsprachigkeit sei also der Normalfall und "vor allem eine Ressource", betonte der Mitarbeiter am Institut für Mehrsprachigkeit und Transkulturelle Bildung an der Pädagogischen Hochschule Kärnten. Wutti ermunterte dazu, sich im gesellschaftlichen Diskurs auf die Ressourcen von Mehrsprachigkeit und Diversität zu fokussieren und nicht auf Ängste.
Zu den Pastoraltagen wurde ein Livestream eingerichtet, Downloads unter https://www.facebook.com/internetkathkirchekaernten.
Quelle: kathpress