Krätzl: Blick auf Krippe muss Herz für Menschen in Not öffnen
Zu einem vertieften Blick auf die Weihnachtskrippe hat der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl eingeladen. Und dieser Blick müsse vor allem, abseits aller Weihnachtsidylle, die Sicht bzw. das eigene Herz für die Not der Mitmenschen öffnen. Österreichs ältester Bischof äußert sich in einer Videobotschaft an die Schwesterngemeinschaft Caritas Socialis. Traditionellerweise eröffnet Krätzl jedes Jahr Anfang Advent die Weihnachtsschau der Schwesterngemeinschaft. Heuer war dies coronabedingt nicht möglich, deshalb nahm der 89-jährige Bischof ein Video auf.
Der Blick auf die Heilige Familie im Stall, für die in der Herberge kein Platz war, sei höchst aktuell. Der Bischof verweist auf die große Not zahlreicher Flüchtlinge auf der ganzen Welt. Krätzl wörtlich:
Ich würde vorschlagen, legen Sie neben Ihre Krippe einen Zeitungsbericht über die Flüchtlingssituation auf Lesbos und auf der anderen Seite ein Bild vom brennenden Moria. Beide zeigen viele Menschen, die keine Herberge haben.
Viele Flüchtlinge versuchten auf dem Landweg in ein Land zu kommen, das sie aufnimmt. Andere versuchten es über das Meer. "Dabei sind über 20.000 ertrunken, weil in der Herberge kein Platz war. Weder in einem fremden Land, noch in einem bergenden Hafen."
Krätzl verweist auf die neue Papst-Enzyklika "Fratelli tutti". Der Papst sei überzeugt, "dass jedes Land auch ein Land des Ausländers ist, denn die Güter eines Territoriums dürfen einer bedürftigen Person, die von einem anderen Ort kommt, nicht vorenthalten werden". Dabei habe Franziskus die utopische Vision von einer Welt, "die allen Menschen Land, Heimat und Arbeit bietet". Er würde sich wünschen, so Bischof Krätzl, "dass viele Verantwortliche in der Gesellschaft, vor allem die Politiker, einen solchen Blick auf die Krippe heuer werfen und daraus lernen".
Viele ohne soziale Herberge
Er denke aber auch an eine andere Form der Herbergslosigkeit, "nämlich an eine soziale und persönliche", so der Weihbischof weiter. Die Corona-Vorsichtsmaßnahmen hätten eine äußere Distanz vorgeschrieben. Eine Folge sei auch ein sehr persönlicher Verlust der Herberge, "nämlich wachsende Einsamkeit von Menschen, die alt sind, die pflegebedürftig sind, die krank sind oder den Arbeitsplatz verloren haben". In diesem Sinn seien alle auch ohne soziale Herberge und suchten wieder "Gemeinschaft mit anderen, eine Arbeitsstätte mit anderen und ein Dach über den Kopf".
Als Jesus einmal über das Weltende redete, habe er davon gesprochen, "wonach wir einmal beurteilt oder auch verurteilt werden". Er habe nicht von einem Glaubensbekenntnis oder dem Engagement in der Kirche gesprochen, sondern von den Werken der Nächstenliebe, so Krätzl:
Und so stehen für mich auf einmal in der Krippe neben dem lächelnden Kind die tausenden Hungrigen, Obdachlosen, Bedürftigen, mit denen sich Jesus identifiziert.
Abschließender Appell des Bischofs: "Achten wir darauf, wer aller Herberge sucht und was wir tun können und denken wir daran, dass die Liebe zu Jesus sich darin äußert, wie wir ihn nicht nur in der Eucharistie, sondern auch in den Notleidenden erkennen." Ein solcher Blick auf die Krippe könnte vieles in der Gesellschaft, aber auch im persönlichen Leben ändern.
Quelle: kathpress