Karfreitagsregelung: Wiener Kirchenrechtler für Tausch mit Ostermontag
Auch nach der Ablehnung des Bundesrates, den Karfreitag als Feiertag für alle einzuführen, wie dies ein von der SPÖ eingebrachter Entschließungsantrag forderte, hält die Debatte an: So hat sich nun auch der Wiener Kirchen- und Religionsrechtler, Prof. Andreas Kowatsch, mit einer scharfen Kritik an der österreichischen Gesetzesreparatur und Neuregelung (Stichwort "persönlicher Feiertag") zu Wort gemeldet und die Idee eines Feiertags-Tausches aufs Tapet gebracht: Es spräche weder rechtlich noch theologisch oder gar lehramtlich etwas dagegen, "den Ostermontag zum Arbeitstag und den Karfreitag zum Feiertag für alle zu bestimmen", schrieb Kowatsch in einem Blogbeitrag für die neue, vom Institut für Kirchenrecht und Religionsrecht der Universität Wien erstellte Website www.rechtundreligion.at.
Eine Ausweitung des Karfreitags als Feiertag für alle Arbeitnehmer wäre bereits früher ohne weiteres möglich gewesen - auch hätte es eine breite Allianz gegeben, die diesen Vorschlag unterstützt habe, erinnerte Kowatsch. "In völliger Missachtung der geschichtlichen Verantwortung der Republik den Evangelischen gegenüber" hätten sich jedoch mit der aktuellen Regelung dann "wirtschaftliche Überlegungen" durchgesetzt; und die Möglichkeit eines "persönlichen Feiertags" habe das Problem nicht gelöst, sondern schlichtweg "in die Betriebe verlagert".
Aus theologischer Sicht gelte zu beachten, dass die "zweiten" Feiertage (Stephanitag, Ostermontag, Pfingstmontag) zwar inhaltlich mit den drei wichtigsten höchsten christlichen Festen (Weihnachten, Ostern, Pfingsten) verbunden sind, dass sie aber "religiös keineswegs auch nur annähernd so bedeutsam wie der Karfreitag" sind. Im Übrigen kenne auch das Konkordat diese drei Feiertage nicht, wies Kowatsch hin.
Ein katholisches Votum für den Karfreitag als Feiertag für alle könne sich außerdem auf die ökumenische und theologische Entwicklung stützen: Auch wenn der Karfreitag lange als eine Art "evangelischer Identitätsmarker" galt, so habe doch auch die katholische Kirche im 20. Jahrhundert im Zuge der ökumenischen Bewegung und des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-65) die Bedeutung des Karfreitags wiederentdeckt. Heute würden daher auch katholische Christen den Karfreitag als einen wichtigen Teil des höchsten Festes der Christenheit feiern - eine Tatsache, die für den Ostermontag so nicht gelte: "Gegenüber dem Karfreitag ist die religiöse Bedeutung des Ostermontags geradezu verschwindend."
(Blogeintrag im Volltext: https://rechtundreligion.at/2021/07/16/der-karfreitag-ist-fur-christinnen-wichtiger-als-die-meisten-feiertage)
Neue Website "rechtundreligion.at"
Mit dem Beitrag startete zugleich unter https://rechtundreligion.at ein neuer religionsrechtlicher Weblog - betrieben von Mitgliedern des Instituts für Kirchen- und Religionsrecht an der Katholisch-Theologischen Fakultät Wien. Ziel der Seite sei es, in regelmäßigen Abständen "über den universitären Kontext hinaus einer breiten Öffentlichkeit aktuelle Themen des Religionsrecht und des Kanonischen Rechts zu präsentieren", wie es auf der Website heißt.
Die mit dem Kirchen- und Religionsrecht zusammenhängenden Fragestellungen seien zuletzt immer wieder öffentlich diskutiert worden. Durch Individualisierungs- und Säkularisierungsprozesse sei das traditionelle Kooperationsmodell zwischen Staat und den Religionsgemeinschaften inzwischen "in Bewegung geraten"; auch stehe das österreichische System einer Anerkennung von Religionsgemeinschaften durch den Staat "in einer Spannung zum Konzept der Religionsfreiheit der Europäischen Menschenrechtskonvention", heißt es auf der Website.
Der Bedeutungszuwachs des Islam und eine "zunehmende Politisierung des Religiösen" würden zudem einhergehen mit einer wachsenden Unwissenheit in Politik und Medien über die "Eigenlogiken von 'Religion'". Und auch die Thematisierung der Religionsfreiheit und ihrer Beschränkungen im Zuge der Corona-Maßnahmen zeige auf, dass das Thema des Religions- und Kirchenrechts von zunehmender Bedeutung für den öffentlichen Diskurs sei. (Infos: https://rechtundreligion.at)
Enttäuschung über Bundesrat bei Evangelischen
Enttäuscht über die Bundesrats-Ablehnung des von der SPÖ eingebrachten Entschließungsantrags zur Einführung des Karfreitags als Feiertag für alle zeigt sich erwartungsgemäß die Evangelische Kirche: "Es ist nicht Sache der Evangelischen Kirchen sich in die Politik der Parteien selbst einzumischen, allerdings muss angemerkt werden, dass ein gefasster Entschließungsantrag des Bundesrates - der Länderkammer -, den Karfreitag als Thema wieder aufzunehmen, eine wichtige Angelegenheit in Richtung Befriedung für die Evangelischen und Altkatholiken gewesen wäre", erklärt der evangelische Synodenpräsident Peter Krömer gegenüber dem Evangelischen Pressedienst (epdö).
Es sei "bedauerlich, dass die Länderkammer diese Initiative für den Karfreitag nicht setzen konnte", sagt Synodenpräsident Krömer. Dabei wäre der Bundesrat der richtige Ort für einen solchen Antrag gewesen, "war es doch in der Vergangenheit so, dass verschiedenste Landespolitiker sich für eine Neuregelung des Karfreitags als gesetzlichen Feiertag - mit verschiedensten ergänzenden Regelungen - einsetzten". Zuletzt habe sich etwa der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer beim Empfang der Generalsynoden Anfang Juni in Graz für den Karfreitag als gesetzlichen Feiertag ausgesprochen, erinnerte Krömer.
Die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom März 2020, mit der ein Urteilsspruch des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) aus dem Jahr 2019 umgesetzt und der Karfreitag zu einem "persönlichen Feiertag" erklärt wurde, habe "nicht zur Befriedung" beigetragen, sondern leiste weiteren "Arbeitsrechtsstreitigkeiten" Vorschub, verwies Krömer auf die Tatsache, dass evangelische Arbeitnehmer seither zur Not auch gegen ihre Arbeitgeber rechtlich vorgehen müssen, um den Karfreitag als "persönlichen Feiertag" in Anspruch zu nehmen. Man werde daher weiterhin das Gespräch mit der Regierung in dieser Sache suchen - auch wenn diese bislang abgelehnt worden seien, heißt es seitens des epdö.
Quelle: kathpress