Graz: Kirche entwickelte Modellprojekte für leistbares Wohnen
Das "Haus Maria - Leistbar Wohnen Lend" in der Keplerstraße 82 ist eines von vier Gebäuden in Graz, in dem die Caritas Steiermark gemeinsam mit der Diözese Graz-Seckau leistbaren Wohnraum zur Verfügung stellt. Besucht wurde das innovative Wohnprojekt mit 32 Wohnungen für 53 Personen im Zuge einer Pressefahrt der Caritas Österreich zu verschiedenen Projekten der kirchlichen Hilfsorganisation, auf die im Zuge der bevorstehenden Kampagne der Caritas für Notleidende in Österreich aufmerksam gemacht werden sollte. Der steirische Caritasdirektor Herbert Beiglböck erhofft sich vom seit März besiedelten "Haus Maria" eine Vorbildwirkung für die Kommunalpolitik: "Wir haben bewiesen, dass es geht, preisgünstig Wohnraum zu schaffen."
Caritas-Präsident Michael Landau - als Teilnehmer der Pressefahrt ebenfalls in Graz - wies darauf hin, dass die Mieten in den vergangenen Jahren weit höher stiegen als die Inflation. Österreich stehe dank seines sozialen Wohnbaus zwar besser da als viele andere europäische Staaten. "Aber sozialer Wohnbau alleine wird das Problem nicht lösen", merkte Landau an. Erst eine Gesamtstrategie aus ineinandergreifenden Reformen wie etwa einer Reform des Mietrechtsgesetzes könne nachhaltig leistbaren Wohnraum in allen Wohnungsmarktsegmenten schaffen sowie Zugänge auch für einkommensschwache Menschen öffnen.
Den Anstoß zu den insgesamt vier kirchlichen Wohnprojekten für bedürftige Mieter in Graz gab laut Michael Lintner, dem Abteilungsleiter Basisversorgung der Caritas Steiermark, die permanente Überlastung der Notschlafstellen und das Bestreben, Quartiersuchenden nicht nur akute Abhilfe, sondern einen längerfristigen Ausgangsort für nachhaltige Konsolidierung zu bieten. Mittels zentrumsnaher kirchlicher Immobilien und einer guten Kooperation mit der Förderstelle des Landes Steiermark habe man "Neuland betreten", so Lintner: Im "Haus Maria" und in einem weiteren Caritas-Haus in der Grazer Grabenstraße gibt es seit dem Frühjahr insgesamt 53 Wohnungen mit befristeten, betreuten Untermietverträgen. Ähnliche Modelle der Diözese Graz-Seckau mit weiteren 45 Wohnungen befinden sich in der Steyrer- und der Raimundgasse.
Gemeinschaft wird gefördert
Die Preise sind laut Lintner deutlich unter dem ortsüblichen Niveau, durchschnittlich 8,50 Euro pro Quadratmeter. Vergabekriterien sind finanzielle, zeitliche und räumliche Dringlichkeit sowie die Bereitschaft, sich in eine Hausgemeinschaft einzubringen. Schmackhaft machen dies im "Haus Maria" Gemeinschaftseinrichtungen wie Partyraum, Billardzimmer, Heimkino oder Waschküche. Kein Wunder also, dass die Nachfrage entsprechend groß war, wie der Caritas-Bereichsleiter erzählte. Die Kirche könne hier in Zeiten, da einerseits Wohnungsnot herrscht und andererseits Immobilien zu Anlageprojekten wurden, nur für einen "Tropfen auf den heißen Stein" sorgen. Und Ziel sei es ja nicht, der Politik zukommende Aufgaben zu übernehmen, fügte Herbert Beiglböck hinzu, sondern einen Impuls zur Behebung eines immer virulenteren Problems zu geben.
Sparsames Bauen sei jedenfalls möglich, wie die Architekten in den Grazer Kirchenhäusern bewiesen hätten. Abstriche hätten bei den "Kostentreibern" Garagenplätze gemacht werden können, so Beiglböck, und durch die dickeren Wände der Altbauten habe man weniger Auflagen bei der Wärmedämmung erfüllen müssen. Die Mieter sollen in der Regel drei Jahre Zeit bekommen, um in eine langfristige Wohnform wie etwa eine Gemeindewohnung zu wechseln. Dies gilt nicht für die älteste Bewohnerin des "Hauses Maria", der 95-jährigen Frau Becke-Rausch: Sie musste, wie die rüstige Dame den Journalisten erzählte, aus ihrer unleistbar gewordenen, großen Wohnung ausziehen und fühle sich in der sich immer mehr herausbildenden Gemeinschaft inmitten vieler junger Mieter rundum wohl.
Quelle: kathpress