Diözese Linz: Neue Publikation über Kunst als "Stachel und Trost"
"Kunst und Kirche. Stachel und Trost" lautet der Titel einer neuen Publikation der Diözese Linz, die künstlerische Gestaltungen in Kirchen und an kirchlichen Orten der vergangenen fünf Jahre - geschaffen von rund 80 Kunstschaffenden - dokumentiert. Bischof Manfred Scheuer und Vertreter von Kunstreferat bzw. Diözesankonservatorat der Diözese Linz erläuterten den Band am Dienstagabend vor rund 100 Interessierten im Linzer Priesterseminar.
Beleuchtet werden in Kirchen- und Altarräumen realisierte Arbeiten der letzten Jahre bzw. künstlerisch gestaltete Fenster, Glocken, Orgelprospekte, Fastentücher und "Kunst am Bau" in Pfarrzentren. Viele neu geschaffene Orte des Abschieds und der Erinnerung - Gedenkorte für früh verstorbene Kinder, Friedhofskapellen, Urnengrabanlagen in Friedhöfen - stünden für ästhetische Formen, Trost zu spenden, bezog sich die Diözese Linz in ihrer Aussendung am Mittwoch auf einen Begriff aus dem Buchtitel. "Stachel" wiederum könne Kunst dann sein, "wenn sie allzu Vertrautes und Gewohntes in Frage stellt, sich nicht in den 'Dienst' nehmen lässt", hieß es weiter.
Kunst - "Platzhalterin des Geheimnisses"
Bischof Scheuer verfasste selbst einen Artikel über "Kunst und Religion. Die Falle der Ästhetisierung" für das neue Buch. In seiner Ansprache im Priesterseminar betonte er, Sprache, Musik und Kunst seien zur Vermittlung des Glaubens unerlässlich. "Mystik, Zeit, Gedächtnis, Körper oder auch Leiden sind nicht ohne Ästhetik zu denken oder zu 'erfahren'. Dabei können Kunst und Kunstwerke zu 'Platzhaltern' des 'Geheimnisses', des ganz Anderen werden", so der Bischof.
Der Behauptung, Kultur bzw. Kunst sei etwas für Etablierte, Träumer und Gutverdienende, widersprach Scheuer: "Der Mensch nimmt die Wirklichkeit nicht als solche hin, er will sie gedeutet wissen, er will sie gestalten..." Kunst und Kultur würden der menschlichen Sehnsucht entspringen, nach dem Mehr des Daseins zu fragen. Kultur sei in all ihren Ausfaltungen somit "ein menschliches Lebensmittel, das zur Bewältigung der Wirklichkeit beiträgt". Gute Kunst ziele auf Veränderung und Verwandlung, nicht auf Berieselung, betonte Scheuer. Er zitierte Simone Weil mit dem Gedanken, in allem, was den reinen, authentischen Sinn für das Schöne wecke, sei Gott wahrhaft anwesend. "So sind Künstlerinnen und Künstler Botinnen und Zeugen der Hoffnung für alle Menschen", sagte Scheuer.
Johann Hintermaier, Bischofsvikar für Erwachsenenbildung und pastorale Fortbildung, erklärte, "Trost" und "Stachel" stünden für Wirklichkeiten des Lebens, mit denen es umzugehen gelte. "Beides kann und muss Kunst auch leisten: trösten und aufstacheln. Damit man nicht einschläft, braucht es den Stachel, damit man nicht in Angst und Schmerz aufgeht, braucht es den Trost", so Hintermaier.
130.000 mobile Kunstgüter in Linzer Kirchen
Hubert Nitsch, Leiter des Linzer Kunstreferats/Diözesankonservatorats, informierte darüber, dass die Diözese Linz etwa 1.000 Kirchen und 130.000 mobile Kunstgüter verwaltet. Qualitätsvolle Publikationen wie die jetzt veröffentlichte könnten nur entstehen, "weil zeitgenössische Kunst und Diözesankonservatorat in einer Abteilung liegen". Die Wertschätzung für das Kulturerbe brauche den Impuls zeitgenössischer Kunst, "die historischen Objekte und Architektur mit heutigen Augen lesen zu können".
Laut Martina Gelsinger, diözesane Kunstreferentin und Mitherausgeberin, hat der Begriff "Trost" in Zeiten von Corona besonders berührt. Sie verstehe zeitgenössische Kunst "als wichtige Andockfläche zur gegenwärtigen Gesellschaft", was sich auch in den Beiträgen der Publikation widerspiegle. Beiträge verfassten u. a. die Rektorin der Kunstuniversität Linz, Brigitte Hütter, der Rektor der Kepler-Universität, Meinhard Lukas, der Künstlerische Direktor des Bruckner Orchesters Linz, Norbert Trawöger, der Abt von Wilhering, Reinhold Dessl, und die Linzer Pastoralamtsdirektorin Gabriele Eder-Cakl.
Zeitraum ab dem Jahr 2000 erfasst
"Kunst und Kirche. Stachel und Trost" schließt an die beiden Vorgängerpublikationen "Kunst und Kirche auf Augenhöhe" und "Kunst / Kirche / Gesellschaft / Seelsorge" an, die sich beginnend mit der Zeitspanne ab dem Jahr 2000 mit zeitgenössischen Gestaltungen befassen. Impulsgeber für den dritten Band war Bischof Scheuer, der dazu angeregt hatte, in der Zeit der Coronakrise über das Potenzial der Kunst als Hoffnungsperspektive nachzudenken.
"Kunst und Kirche. Stachel und Trost. Katholische Kirche Oberösterreich: Künstlerische Gestaltungen 2017-2022", herausgegeben von Martina Gelsinger, Andreas Kaltseis und Hubert Nitsch ist zum Preis von 18 Euro im DomCenter Linz (Herrenstraße 36, Tel.: 0732/946100, Mail: domcenter@dioezese-linz.at) bzw. im Behelfsdienst der Diözese Linz (Kapuzinerstraße 84, Tel.: 0732/7610-3813; Mail behelfsdienst@dioezese-linz.at) erhältlich.
Quelle: kathpress