
Schönborn: Papst-Vergebungsbitte zeigt auch auf heutiges Unrecht
Kardinal Christoph Schönborn hat die am Freitag zu Ende gehende Kanada-Visite von Papst Franziskus als eine "starke Geste" gewürdigt. Der vom Papst bereits vorab als "Buß-Reise" bezeichneten Besuch bei den Indigenen könne geschehenes Unrecht zwar nicht ungeschehen machen, speziell die vom Papst ausgesprochene Vergebungsbitte für das ihnen und ihren Vorfahren von Christen angetane Leid habe jedoch viele Menschen berührt. "Sie hat Licht in ein dunkles Kapitel der Vergangenheit gebracht. Und sie kann helfen, dass wir alle aufmerksamer hinschauen auf das viele Unrecht, das heute geschieht, auch bei uns", befand der Wiener Erzbischof in seiner Freitags-Kolumne in der Zeitung "Heute".
Es sei "ungewohnt" gewesen, dass Papst Franziskus diese Tage mit einem indigenen Federschmuck auf dem Kopf und mitten unter Stammeshäuptlingen in Kanada zu sehen gewesen sei, bekannte Schönborn. Die Beziehungen zwischen den indigenen Volksgruppen und der katholischen Kirche seien "zu belastet" gewesen und die Vorfälle der Vergangenheit "zu schmerzlich". Konkret verwies der Kardinal auf das oft gewaltsame Vorgehen von Missionaren, um die Ureinwohner vom "rechten" Glauben zu überzeugen, oder auch die Überheblichkeit der Kolonialherren, die die indigene Kultur, Sprache und Lebensweise für minderwertig erklärten. Auch die überwiegend von Kirchen im Auftrag des Staates betriebenen "Residential Schools" erwähnte Schönborn hier - die Internate, in denen indigene Kinder christlich erzogen werden sollten und oft auf grausame Weise ums Leben gekommen seien.
In den Internatsschulen waren ab der Mitte des 19. Jahrhunderts und bis in die 1990er Jahre hinein insgesamt 150.000 indigene Kinder und Jugendliche von ihren Familien getrennt, ihrer Kultur beraubt und vielfach misshandelt worden. Papst Franziskus bat deshalb in den vergangenen Tagen mehrfach um Vergebung. Das Thema steht im Mittelpunkt seines Besuchs vom 24. bis 30. Juli in dem nordamerikanischen Land.
Am Schlusstag der sechstägigen "Buß-Reise" steht am Freitag zunächst eine private Begegnung mit Mitgliedern des Jesuitenordens in Quebec auf dem Programm des Papstes, anschließend folgt ein weiteres Treffen mit einer Delegation der indigenen Bevölkerung. Am Nachmittag (Ortszeit) wird das katholische Kirchenoberhaupt in Iqaluit am Nordpolarmeer erwartet, wo Gespräche mit ehemaligen Schülern sogenannter Residential Schools aus der Volksgruppe der Inuit geplant sind. Nach einer Abschiedszeremonie am Flughafen Iqaluit tritt der Papst den Heimflug nach Rom an. Die Ankunft in der Ewigen Stadt ist für Samstagfrüh vorgesehen.
Quelle: kathpress